In Brienz, einem idyllischen Bergdorf im Kanton Graubünden (Schweiz), herrscht gespenstische Leere. Sämtliche 91 Einwohner mussten ihre Heimat verlassen, da eine massive Steinlawine droht, das Dorf zu zerstören. Kleidung, Kinderspielzeug und Erinnerungsstücke wie Fotoalben und Erbstücke wurden in aller Eile zusammengepackt. Nun steht Brienz wie ein verlassenes Geisterdorf unter strengem Zutrittsverbot.
Bedrohung durch 1,2 Millionen Kubikmeter Gestein
Seit Wochen bewegt sich eine gigantische Geröllmasse von etwa 1,2 Millionen Kubikmetern in Richtung des Tals. Die Geschwindigkeit hat zugenommen, und Experten befürchten, dass die Schuttmasse jeden Moment abrutschen könnte. Bereits im vergangenen Jahr krachten rund 1,7 Millionen Kubikmeter Fels ins Tal, stoppten jedoch kurz vor den ersten Häusern. Dieses Mal scheint das Risiko zu groß, um die Bewohner im Dorf zu belassen.
Sicherheit geht vor: Sperrzone eingerichtet
Die Behörden haben eine umfassende Gefahrenzone eingerichtet. Das Betreten des Dorfes ist strengstens untersagt und wird mit Bußgeldern von bis zu 5000 Schweizer Franken geahndet. Überwachungskameras sollen zudem sicherstellen, dass keine Unbefugten in den Ort gelangen. Die Maßnahmen dienen nicht nur dem Schutz der Bevölkerung, sondern sollen auch Plünderer fernhalten.
Geordnete Evakuierung
Gemeindesprecher Thomas Gartmann berichtete, dass die Evakuierung ruhig und planmäßig verlief. Die Einwohner wurden dazu aufgerufen, alles Nötige für die kommenden Monate mitzunehmen. Darunter waren Kleidung, Haushaltsgegenstände und Gegenstände für den Heimarbeitsplatz. Besonders wertvolle und bedeutende Dinge wie ein 500 Jahre alter Altar aus der Dorfkirche wurden ebenfalls in Sicherheit gebracht.
Bereitschaft für den Ernstfall
Selbst das Vieh der Bauern wurde evakuiert, da niemand sicher sein kann, ob und wann die Gesteinsmassen ins Tal stürzen. Geologen überwachen die Lage genau, können aber derzeit keine Prognose über den Verlauf der Steinlawine abgeben. Es bleibt die Hoffnung, dass sich der Hang stabilisiert oder nur langsam weiter rutscht.
Erinnerungen an 2023
Die aktuelle Situation erinnert stark an die Ereignisse des Vorjahres. Damals mussten die Bewohner ebenfalls ihre Häuser verlassen, als sich ein massiver Felsabbruch anbahnte. Nach Wochen der Unsicherheit kam es tatsächlich zu einem Erdrutsch, bei dem sich der Schuttstrom nur wenige Meter vor einem der Häuser stoppte. Das Dorf hatte Glück im Unglück, doch die Wunden dieser Erfahrung sind noch frisch.
Wie geht es weiter?
Für die 91 Evakuierten bleibt vorerst unklar, wann sie nach Brienz zurückkehren können. Die Behörden rechnen mit mehreren Monaten, in denen die Sicherheitslage beobachtet werden muss. Bis dahin kommen die Betroffenen bei Freunden, Verwandten oder in Ferienwohnungen unter. Für das kleine Bergdorf bleibt die Naturgewalt eine unberechenbare Bedrohung, die zeigt, wie schnell sich die Lebensgrundlage durch geologische Prozesse verändern kann.