Die Suizidkapsel «Sarco» des umstrittenen Aktivisten Philip Nitschke soll in der Schweiz schon bald eine Person beim freiwilligen Tod unterstützen. Diese Methode wird jedoch nicht von allen begrüßt.
Liberale Regulierungen in der Schweiz
Die Schweiz ist bekannt für ihre liberalen Regulierungen bezüglich des assistierten Suizids. Häufig reisen sterbewillige Personen aus dem Ausland in die Schweiz, um ihren Wunsch mit Organisationen wie Exit Schweiz oder Dignitas zu erfüllen. Personen, die meist an unheilbaren Krankheiten leiden, müssen bestimmte Bedingungen erfüllen, um den assistierten Suizid durchführen zu können. Sie müssen urteilsfähig sein, und eine medizinische Fachperson muss den Sterbewunsch angesichts der Lebenssituation nachvollziehbar finden.
Natrium-Pentobarbital als Suizidmittel
Die sterbewillige Person muss in der Lage sein, die Handlung selbst vorzunehmen. Normalerweise schluckt oder injiziert sie sich Natrium-Pentobarbital, welches von einem Arzt oder einer Ärztin verschrieben werden muss.
Alternative Methode mit Stickstoff
Der umstrittene australische Aktivist Philip Nitschke will die Verwendung dieses Gifts mit seiner Kapsel Sarco umgehen. Auf Knopfdruck aus dem Inneren wird die geschlossene Kapsel mit Stickstoff geflutet, was innerhalb weniger Sekunden zu Hypoxie und Hypokapnie, also Sauerstoff- und Kohlendioxidmangel, führen soll, wie Nitschke 2021 in einem Interview mit Swissinfo erklärte. Laut Christian Jackowski, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin an der Universität Bern, führe dies zu einem eher angenehmeren Tod. Der Sauerstoffmangel werde im Körper als angenehm empfunden, was manche Menschen auch zur Luststeigerung bewusst herbeiführen. Dies führe laut Jackowski immer wieder zu «autoerotischen Unfällen» mit Todesfolgen.
Umstrittene Stickstoff-Methode in den USA
Die Stickstoff-Methode wurde am 25. Januar dieses Jahres in den USA zur Hinrichtung des verurteilten Mörders Kenneth Eugene Smith verwendet. Der Verurteilte trug dabei eine Maske, durch die er Stickstoff einatmete. Die Vereinten Nationen verurteilten das Vorgehen, da die US-Behörden Smith als Versuchskaninchen missbraucht hätten und die Aussichten auf einen «schnellen, humanen und schmerzlosen» Tod nicht erreicht wurden. Zeugen der Hinrichtung berichteten, dass Smith minutenlang nach Luft schnappte, sich krümmte und an den Fesseln riss.
Rechtslage zur Verwendung von Sarco
Dass Sarco bald in der Schweiz zum Einsatz kommen soll, ist laut NZZ überraschend. Der Schweizer Partner von Exit International, der Organisation von Nitschke, zog sich aufgrund der unklaren Rechtslage zurück. Ein juristisches Gutachten, das Nitschke in Auftrag gegeben hatte, kam zu dem Schluss, dass die Maschine keine Gesetze verletze, da sie kein Medizinprodukt ist, welches vor der Anwendung geprüft werden muss. Diese Einschätzung teilen jedoch nicht alle Expert*innen.
Kritik und Zertifizierungsfragen
Kerstin Noëlle Vokinger, Professorin für Recht und Medizin an der Universität Zürich, zitiert die NZZ mit der Aussage, dass auch Geräte, die einen «physiologischen oder pathologischen Zustand» verändern, unter das Medizinproduktegesetz fallen könnten, was auch für ein Gerät gilt, das einen Menschen tötet. Sarco müsste vor dem Einsatz von Swissmedic zertifiziert werden. Ohne diese Zertifizierung könnte Nitschke als Hersteller das Risiko einer Haftstrafe eingehen, falls ein Gericht zu ähnlichen Schlüssen wie Vokinger käme.
Die Meinung der Sterbehilfeorganisationen
Die Sterbehilfeorganisation Pegasos, ehemals Schweizer Partnerin von Exit International, und andere Befürworter sehen Sarco grundsätzlich als sinnvolle Erfindung. Die Maschine könnte Personen helfen, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage sind, das Medikament zu trinken oder bei denen keine Infusion angelegt werden kann, erklärte Pegasos-Präsident Ruedi Habegger gegenüber der NZZ. Habegger betont jedoch, dass viele Patient*innen während des Sterbeprozesses die Nähe von medizinischen Begleitpersonen und Angehörigen spüren möchten, was bei der Suizidkapsel nicht gegeben wäre. Aus diesem Grund bezweifelt Habegger, dass Sarco in der Schweiz oft zum Einsatz kommen wird.