In der Schweiz könnten bald erste Kantone den Einsatz der umstrittenen „Sarco“-Kapsel, entwickelt vom Sterbehilfe-Pionier Philip Nitschke, untersagen. Die Kapsel, die für ein selbstbestimmtes Sterben konzipiert wurde, steht aufgrund ihrer potenziellen Risiken und ihrer rechtlichen Implikationen zunehmend in der Kritik. Dies könnte weitreichende strafrechtliche Konsequenzen für Nitschke nach sich ziehen.
Möglicher Verstoß gegen das Heilmittelgesetz und illegale Kommerzialisierung
Philip Nitschke, der Erfinder der „Sarco“-Kapsel, sieht sich mit ernsthaften Vorwürfen konfrontiert. Die Kapsel ermöglicht es einem sterbewilligen Patienten, durch das Einströmen von Stickstoff innerhalb kurzer Zeit einen Sauerstoffmangel herbeizuführen, was zum Tod führt. In der Schweiz ist assistierter Suizid seit 1942 legal, allerdings unter strengen Bedingungen und in der Regel unter ärztlicher Begleitung. Kritiker befürchten, dass die „Sarco“ die bisherige Praxis gefährden könnte.
Der „Sarco“ soll ein selbstbestimmtes Sterben ermöglichen
Die „Sarco“-Kapsel hat das Potenzial, das Konzept des selbstbestimmten Sterbens zu revolutionieren. Nutzer können sich in die Kapsel legen und per Knopfdruck den Sterbeprozess einleiten. In wenigen Sekunden wird der Sauerstoffgehalt gesenkt, was zum Tod führt. Philip Nitschke verteidigt seine Erfindung als eine humane Option für Menschen, die selbstbestimmt aus dem Leben scheiden möchten.
Einsamer Tod und kritische Reaktionen
Trotz der vermeintlichen Vorteile der „Sarco“ gibt es erhebliche Bedenken. Die Sterbehilfe-Organisation Pegasus, die mit Nitschke zusammenarbeitete, hat die Kooperation bereits beendet. Der Präsident von Pegasus, Ruedi Habegger, äußerte gegenüber der „Neuen Zürcher Zeitung“, dass viele Patienten bei ihrem Sterbeprozess den Kontakt zu geliebten Menschen suchen und nicht auf ärztliche Begleitung verzichten möchten. Die „Sarco“ könne diesen Bedürfnissen nicht gerecht werden und führe zu einem sehr einsamen Sterbeprozess.
Strafrechtliche Konsequenzen
In der Schweiz wird beim assistierten Suizid überprüft, ob der Tod wirklich selbstbestimmt erfolgt und ob der Patient bei klarem Verstand ist. Kritiker stellen in Frage, wie diese Bedingungen bei der Verwendung einer Kapsel, die man einfach erwerben kann, gewährleistet werden sollen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen hat Philip Nitschke bereits mit ernsthaften rechtlichen Konsequenzen gedroht. Im schlimmsten Fall könnten ihm bis zu fünf Jahre Haft drohen, falls seine Kapsel tatsächlich zum Einsatz kommt.
Verstoß gegen Heilmittelgesetz
Verantwortliche in den Kantonen Schaffhausen und Wallis haben bereits beschlossen, den Einsatz der „Sarco“ zu verbieten. Dies erfolgt aufgrund der Tatsache, dass das in der Kapsel verwendete Gas als besonderes Medikament betrachtet wird. Nach schweizerischem Heilmittelgesetz müsste es von Swissmedic oder der zuständigen kantonalen Behörde zugelassen werden. Ein Kantonsarzt aus dem Wallis erklärte gegenüber der Nachrichtenseite „20 Minuten“, dass die Gesundheitsbehörde entschieden habe, die Verwendung der „Sarco“ mit sofortiger Wirkung auf unbestimmte Zeit zu verbieten.
Kritik und zukünftige Entwicklungen
Der britische Sterbehilfe-Aktivist Stephen Duckworth äußerte bereits 2021 in „The Independent“ scharfe Kritik an der „Sarco“. Ungeachtet der kontroversen Diskussionen plant Philip Nitschke jedoch, ein neues Gerät zu entwickeln. Laut der „Neuen Zürcher Zeitung“ arbeitet er an einem Implantat, das den Träger tötet, falls dieser vergisst, es abzuschalten. Dieses neue Gerät soll speziell Menschen helfen, die sich Sorgen über eine mögliche Demenz und damit verbundene Probleme bei der Inanspruchnahme von Sterbehilfe machen. Denn Sterbehilfe ist nur möglich, wenn der Patient vollständig urteilsfähig ist.
Die Diskussion um die „Sarco“-Kapsel verdeutlicht die komplexen ethischen, rechtlichen und praktischen Herausforderungen, die mit dem selbstbestimmten Sterben verbunden sind. Während einige die Innovation als Fortschritt in der Sterbehilfe betrachten, bleiben andere besorgt über die potenziellen Missbräuche und die unzureichende Berücksichtigung menschlicher Bedürfnisse.