Zahl der Suizide in Deutschland leicht gestiegen
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Zahl der Suizide in Deutschland leicht gestiegen

Die Zahl der Suizide in Deutschland ist im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Dies teilte das Statistische Bundesamt anlässlich des weltweiten Präventionstages gegen Suizid am 10. September mit. Nach den neuesten Zahlen nahmen sich im Jahr 2023 etwa 10.300 Menschen das Leben. Dies bedeutet einen Anstieg von 1,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zudem liegt diese Zahl 14 Prozent über dem historischen Tiefstand von 2019. Auch die Suizidrate pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner stieg leicht von 12,1 im Jahr 2022 auf 12,2 im Jahr 2023. Im langfristigen Vergleich bleibt die Suizidrate in den letzten 20 Jahren jedoch relativ konstant.

Mehr Männer als Frauen, mehr Ältere als Jüngere betroffen

Ein genauerer Blick auf die Statistiken zeigt, dass Männer in allen Altersgruppen häufiger Suizid begehen als Frauen. Im Jahr 2023 waren fast drei Viertel der Suizide in Deutschland von Männern (7.500 Fälle) begangen, während Frauen in 2.800 Fällen Suizid begingen. Über die letzten 20 Jahre haben sich die Zahlen in den einzelnen Altersgruppen unterschiedlich entwickelt. Besonders bei jungen Menschen ging die Zahl der Suizide deutlich zurück. Starben 2003 noch etwa 700 unter 25-Jährige durch Suizid, so waren es im Jahr 2023 nur noch knapp 500.

Dagegen zeigt sich unter älteren Menschen ein anderer Trend. Die Zahl der Suizide ist in den letzten 20 Jahren, insbesondere bei den über 85-Jährigen, deutlich gestiegen. Hier hat sich die Zahl von 600 Fällen im Jahr 2003 auf fast 1.300 im Jahr 2023 mehr als verdoppelt. Dies hat teilweise demografische Gründe. Die Zahl der Menschen im Alter von 85 Jahren und älter hat sich laut dem Statistischen Bundesamt in den letzten 20 Jahren ebenfalls mehr als verdoppelt (+110 Prozent), was in etwa dem Anstieg der Suizide in dieser Altersgruppe entspricht. Die Rückgänge in der Bevölkerung unter 25 Jahren (-6 Prozent) und in der Altersgruppe von 35 bis 44 Jahren (-22 Prozent) fielen im gleichen Zeitraum deutlich geringer aus als bei den Todesfällen durch Suizid.

Präventionsprogramme zur Senkung der Suizidraten

Die hohe Zahl von Suiziden in Deutschland erfordert dringend wirksame Maßnahmen zur Prävention. Der deutsche Gesundheitsminister hat auf die besorgniserregende Statistik reagiert und plant ein umfassendes Präventionsprogramm, um die Zahl der Suizide zu verringern. Der Minister betonte die Notwendigkeit einer verstärkten Vorsorge, um die Zahl der Suizide zu senken. Jährlich nehmen sich mehr als 9.000 Menschen in Deutschland das Leben, was die Dringlichkeit solcher Maßnahmen unterstreicht.

Obwohl die Zahl der Fälle bei jüngeren Altersgruppen geringer ist, bleibt die suizidbedingte Sterblichkeit gerade bei jungen Menschen besonders hoch. Bei den 10- bis unter 25-Jährigen war Suizid im Jahr 2023 die häufigste Todesursache, noch vor Verkehrsunfällen und Krebs. Etwa 18 Prozent aller Todesfälle in diesem Alter waren auf Suizid zurückzuführen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention ist die Zahl der Suizidtoten etwa dreimal so hoch wie die der Verkehrstoten. Experten schätzen zudem, dass auf jeden Suizid statistisch gesehen zehn bis 20 Suizidversuche kommen.

Ursachen und Präventionsmöglichkeiten

Suizide gelten als vermeidbar, wenn rechtzeitig und angemessen gehandelt wird. Anlässlich des Präventionstages am 10. September betonte Barbara Schneider vom Nationalen Suizidpräventionsprogramm, dass die Anzahl der Suizide keine naturgegebene Konstante sei. Es handelt sich um eine beeinflussbare Größe, die von vielen Faktoren abhängt. Dazu gehört auch, wie Suizid verstanden und in der Gesellschaft thematisiert wird. Der Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms, Reinhard Lindner, ergänzte, dass bei Suizidalität Hilfe möglich sei und Suizide vermeidbar sind. Dafür seien jedoch Wissen, aktive Initiativen und Veränderungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen erforderlich. Es gelte, von einer Kultur des Schweigens und des mangelnden Verständnisses zu einer Kultur der Offenheit, des Mitgefühls und der Unterstützung überzugehen.

Forderungen nach einer sektorübergreifenden Politik

Lindner unterstrich die Notwendigkeit einer sektorübergreifenden Politik, die der psychischen Gesundheit Priorität einräumt. Der Zugang zu Versorgung müsse verbessert und mehr Unterstützung für Bedürftige bereitgestellt werden. Darüber hinaus sollte in die Forschung investiert werden, um die Komplexität von Suizid besser zu verstehen und gezielte Interventionen zu entwickeln. Dies sei unerlässlich, um effektiv gegen die hohe Zahl der Suizide vorzugehen und geeignete Präventionsmaßnahmen zu ergreifen.

Psychische Gesundheit und gesellschaftliche Verantwortung

Die psychische Gesundheit der Bevölkerung ist ein entscheidender Faktor, wenn es um die Prävention von Suizid geht. In den letzten Jahren litten immer mehr Menschen an depressiven Symptomen. Die Ursachen sind vielfältig und umfassen gesellschaftliche, wirtschaftliche und persönliche Faktoren. Ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz, der sowohl Prävention als auch Unterstützung für betroffene Menschen umfasst, ist daher notwendig.

Experten betonen, dass Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit auf verschiedenen Ebenen ansetzen sollten. Dies reicht von der Sensibilisierung der Gesellschaft für das Thema Suizid über den Ausbau der psychischen Gesundheitsversorgung bis hin zu gezielten Programmen für besonders gefährdete Gruppen. Es ist wichtig, dass das Thema Suizid in der Gesellschaft offen und ohne Stigmatisierung behandelt wird, um Betroffene zu ermutigen, sich Hilfe zu suchen und die notwendige Unterstützung zu erhalten.

Hilfe bei Suizid-Gedanken

Sollten Sie selbst von Suizidgedanken betroffen sein, suchen Sie bitte umgehend Hilfe auf. Die Telefonseelsorge bietet rund um die Uhr anonyme Beratung durch geschulte Ansprechpartner an. Die Nummern der Telefonseelsorge lauten 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222. Für Kinder und Jugendliche steht die Nummer gegen Kummer unter 116 111 zur Verfügung. Beide Dienste bieten auch eine Beratung über das Internet an: www.telefonseelsorge.de und www.nummergegenkummer.de.