Reform der Prostatakrebs-Früherkennung: Die Tastuntersuchung entfällt
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Reform der Prostatakrebs-Früherkennung: Die Tastuntersuchung entfällt

Die rektale Tastuntersuchung der Prostata, seit Jahrzehnten ein Standard in der Früherkennung von Prostatakrebs, wird künftig nicht mehr empfohlen. Diese Entscheidung resultiert aus der Leitlinienkonferenz für Prostatakarzinome. Der Grund: Die Methode ist zu ungenau und entdeckt nur rund ein Drittel der Krebsfälle.

Neuer Standard: PSA-Test als erste Anlaufstelle

Anstelle der Tastuntersuchung soll der PSA-Test künftig die Grundlage der Vorsorge bilden. Der Test misst das Prostata-spezifische Antigen (PSA) im Blut, das Rückschlüsse auf potenzielle Tumore zulässt. Der neu festgelegte Grenzwert liegt bei 3 ng/ml. Wird dieser Wert überschritten, folgen weitere Untersuchungen wie ein MRT und gegebenenfalls eine Biopsie.

Mehr Präzision, weniger Eingriffe

Laut Prof. Dr. Boris Hadaschik von der Universitätsmedizin Essen sind die neuen Leitlinien ein Fortschritt: „Wir vermeiden unnötige Eingriffe und fokussieren uns auf gefährliche Tumore.“ Bislang wurden oft Biopsien durchgeführt, selbst wenn das Risiko gering war.

Herausforderungen: PSA-Test noch nicht als Kassenleistung verfügbar

Ein Hindernis bleibt jedoch: Der PSA-Test ist derzeit keine Regelleistung der Krankenkassen. Die Kosten, die zwischen 20 und 35 Euro liegen, müssen Patienten selbst tragen. Es wird geschätzt, dass die Integration in die Kassenleistungen noch ein bis zwei Jahre dauern könnte.

Risiken der Überbehandlung

Eine übermäßige Behandlung von Prostatakrebs birgt erhebliche Risiken. Trotz der Tatsache, dass 20 % der Tumore als wenig bedrohlich eingestuft werden, kommt es häufig zu radikalen Eingriffen wie der vollständigen Entfernung der Prostata. Die Folgen sind oft gravierend:

  • Impotenz: Betroffen sind knapp 80 % der Männer nach einer Operation.
  • Inkontinenz: 5 bis 10 % der Patienten benötigen dauerhaft Hilfsmittel.
  • Langzeitfolgen nach Bestrahlung: Dazu gehören fäkale Inkontinenz, ständiger Harndrang und ein schnellerer Verlust der Potenz.

Überwachung statt radikaler Therapie

Für Tumore mit niedrigem Risiko schlägt die Leitlinie ein aktives Überwachungsprogramm vor. „Eine sofortige Therapie ist bei nicht aggressiven Tumoren meist unnötig“, erklärt Hadaschik.

Kontrollplan bei Überwachung

Die strukturierte Überwachung umfasst:

  • Regelmäßige PSA-Wert-Kontrollen alle drei Monate, die von der Krankenkasse übernommen werden.
  • Nach einem Jahr eine Biopsie.
  • Alle drei Jahre eine Kombination aus Biopsie und MRT, wenn die Befunde unauffällig bleiben.
  • Bei einem PSA-Wert unter 1,5 ng/ml sind Kontrollen im Fünfjahresrhythmus ausreichend.

Geduld und Genauigkeit bei der Tumorüberwachung

Hadaschik betont: „Auch wenn ein zunächst harmloser Tumor später aggressiver werden kann, passiert dies nicht plötzlich. Es bleibt ausreichend Zeit zur Beobachtung.“ Studien zeigen, dass etwa die Hälfte der Männer mit überwachten Tumoren in den ersten zehn Jahren keine Therapie benötigt.

Weniger invasive Eingriffe, mehr Präzision

Mit der Reform der Früherkennung und der neuen Leitlinie rückt der Fokus auf Präzision und den Schutz vor unnötigen Behandlungen. Die Zukunft der Prostatakrebs-Vorsorge sieht damit deutlich patientenfreundlicher aus.