Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im langjährigen Streit um die Fifa-Transferregeln eine wegweisende Entscheidung getroffen. Bestimmte Vorschriften des internationalen Fußballverbandes Fifa stehen im Widerspruch zum EU-Recht. Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für den internationalen Fußball und könnte das Transfersystem revolutionieren.
Hintergrund des Falles
Der Fall geht auf eine Klage des ehemaligen französischen Fußballprofis Lassana Diarra zurück, der 2013 einen Vertrag mit dem russischen Verein Lokomotive Moskau unterschrieb. Nach nur einem Jahr wurde sein Vertrag von Seiten des Vereins aufgelöst, wobei Lokomotive Moskau eine Entschädigung von Diarra verlangte. Diarra selbst forderte den ausstehenden Lohn ein und argumentierte, dass die Fifa-Transferregeln seine Suche nach einem neuen Verein erheblich erschwerten.
Das zentrale Problem war, dass laut den Fifa-Regeln ein neuer Verein, der Diarra verpflichten wollte, für die Zahlung einer Entschädigung an Lokomotive Moskau haften würde. Diese Regelung verhinderte einen Wechsel zu einem belgischen Verein und führte dazu, dass Diarra sowohl die Fifa als auch den belgischen Fußballverband auf Schadenersatz in Höhe von sechs Millionen Euro verklagte. Der Fall wurde an den EuGH weitergeleitet, um die Rechtmäßigkeit der Fifa-Regeln im Rahmen des EU-Rechts zu prüfen.
Auswirkungen auf die Freizügigkeit der Spieler
Die Richter des EuGH stellten fest, dass die Fifa-Transferregeln die Freizügigkeit der Spieler innerhalb der EU erheblich einschränken. Dies widerspricht den grundlegenden Prinzipien des europäischen Binnenmarktes, der es Arbeitnehmern ermöglichen soll, sich frei zwischen den Mitgliedsstaaten zu bewegen. Die Regeln der Fifa belasten die Spieler und Vereine mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Risiken, die in der aktuellen Form nicht gerechtfertigt sind.
Zwar könnten einige der Vorschriften dazu dienen, Stabilität innerhalb der Mannschaften zu gewährleisten, doch das Gericht argumentierte, dass die aktuellen Regeln über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels notwendig sei. Insbesondere die Verpflichtung, dass ein neuer Verein bei Vertragsauflösung für Entschädigungen an den vorherigen Arbeitgeber haftet, sei unverhältnismäßig.
Konsequenzen des Urteils
Das belgische Gericht, das den Fall ursprünglich verhandelt hat, muss nun auf Basis des EuGH-Urteils eine endgültige Entscheidung treffen. Die Vorgaben des europäischen Gerichtshofs müssen dabei berücksichtigt werden, und es bleibt abzuwarten, wie die Fifa und die nationalen Verbände auf das Urteil reagieren werden.
Eine mögliche Konsequenz könnte sein, dass Fußballer in Zukunft ohne große Hürden den Verein wechseln dürfen, wann immer sie wollen. Dies wäre eine radikale Veränderung des bisherigen Systems, in dem strenge Regeln für Vertragsauflösungen und Entschädigungszahlungen gelten. Die endgültigen Auswirkungen des Urteils werden jedoch erst in den kommenden Monaten oder Jahren sichtbar sein, sobald die Umsetzung erfolgt.
Historische Parallelen: Das Bosman-Urteil
Das aktuelle Urteil des EuGH erinnert an das berühmte Bosman-Urteil von 1995, das den internationalen Fußball nachhaltig veränderte. Damals entschied das Gericht, dass nach Vertragsende keine Ablösesummen mehr von Profifußballern verlangt werden dürfen. Dieses Urteil führte zu einer grundlegenden Reform des europäischen Transfersystems und erhöhte die Freizügigkeit der Spieler. Es bleibt abzuwarten, ob das neue Urteil ähnliche revolutionäre Auswirkungen haben wird.