Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati äußert deutliche Kritik an der derzeitigen Situation im deutschen Schiedsrichterwesen und am Deutschen Fußball-Bund (DFB). Nach zahlreichen Fehlentscheidungen in der zweiten Runde des DFB-Pokals erhebt er Vorwürfe, die auf strukturelle Probleme und fehlende Qualifikationen im Verband hinweisen.
Fehler ohne VAR: Beispiele aus dem DFB-Pokal
Die Schiedsrichterleistungen in der zweiten Pokalrunde gerieten durch mehrere Fehlentscheidungen in den Fokus. Ohne den Video Assistant Referee (VAR), der erst ab dem Achtelfinale zum Einsatz kommt, hatten Schiedsrichter in kritischen Spielsituationen sichtbare Schwierigkeiten:
- Beispiel 1: Wolfsburgs Wimmer wurde von Dortmunds Nmecha mit offener Sohle getroffen. Eine Szene, die möglicherweise eine rote Karte gerechtfertigt hätte. Doch Schiedsrichter Siebert zeigte nur Gelb. Rafati meint, dass der VAR in dieser Situation eine Korrektur empfohlen hätte.
- Beispiel 2: Beim Spiel zwischen Stuttgart und Kaiserslautern wurde ein Foul knapp vor der Strafraumgrenze von Schiedsrichter Schlager als Elfmeter gewertet. Laut Rafati wäre der VAR in der Lage gewesen, diese Entscheidung in einen Freistoß umzuwandeln.
- Beispiel 3: Bayerns Musiala stand beim 2:0 gegen Mainz im Abseits, was jedoch nicht geahndet wurde. Ohne VAR blieb das Tor bestehen, was laut Rafati nicht hätte passieren dürfen.
Sinkende Schiedsrichterqualität durch VAR-Einfluss?
Rafati sieht einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz des VAR und der Qualität der Schiedsrichterleistungen. Er äußert gegenüber einem Fernsehsender den Verdacht, dass sich die Abhängigkeit vom VAR negativ auf das Selbstbewusstsein und die Entscheidungsfähigkeit der Schiedsrichter auswirke.
Er erklärt: „Die Schiedsrichter haben durchaus das notwendige Können, aber durch den VAR hat die Qualität gelitten. Früher waren Schiedsrichter die unangefochtene Instanz auf dem Platz. Heute beeinflusst der VAR als zusätzliche Kontrollinstanz das Vertrauen der Schiedsrichter in ihre eigenen Entscheidungen.“
Kritik am DFB: Mangel an Fachkompetenz und Führungspersönlichkeiten
Rafati kritisiert das Führungspersonal des DFB scharf. „Es fehlt an Fachkompetenz und an Qualität in den Führungsebenen des DFB“, sagt der ehemalige Schiedsrichter und fügt hinzu, dass die Schiedsrichter durch die fehlende Expertise im Verband nicht optimal geschult würden. Dieser Mangel führe laut Rafati dazu, dass Schiedsrichter unsicher und in ihrer Entscheidungsfähigkeit gehemmt seien.
Außerdem spricht er sich für mehr Typen mit Führungsqualitäten im Verband aus. Er sieht einen Mangel an Persönlichkeiten, die sich klar positionieren und öffentlich Stellung beziehen. Rafati betont, dass persönliche Eitelkeiten zur Seite gelegt werden sollten und der Fokus stärker auf das Wohl des deutschen Fußballs gerichtet sein müsse.
Verbesserungsvorschläge: Offener Umgang und ein DFB-Präsident aus den Reihen der Spieler?
Rafati spricht sich für mehr Offenheit und Transparenz im Schiedsrichterwesen aus. Er fordert, dass der Verband häufiger „reinen Wein einschenken“ sollte. Ein direkterer Austausch über Probleme würde laut ihm zu einer besseren Atmosphäre und zu nachhaltigeren Verbesserungen im Fußball führen.
Ein konkreter Vorschlag von Rafati ist die Berufung eines DFB-Präsidenten mit einer Fußballvergangenheit. Er hält es für vorteilhaft, wenn ein ehemaliger Spieler mit praktischer Erfahrung die Führung des Verbandes übernehmen würde. Als Beispiel nennt er den Ex-Nationalspieler Philipp Lahm, dem er die nötige Expertise und Führungsstärke zuschreibt, um die Herausforderungen im deutschen Fußball anzugehen und nachhaltige Reformen einzuleiten.