Sigmar Gabriels Rücktritt als Aufsichtsratschef bei Thyssenkrupp und seine Kritik am Management
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Sigmar Gabriels Rücktritt als Aufsichtsratschef bei Thyssenkrupp und seine Kritik am Management

Sigmar Gabriel hat nach seinem Rücktritt als Aufsichtsratschef der Thyssenkrupp Stahlsparte scharfe Kritik am Management und den Eigentümern des Mutterkonzerns geäußert. Gabriels Rücktritt kommt zu einer Zeit, in der die Zukunft der Stahlsparte von Thyssenkrupp ungewiss bleibt, insbesondere nach dem Rücktritt mehrerer Führungskräfte und der Aufsichtsratsführung. Seine Kritik richtet sich vor allem gegen das Management des Mutterkonzerns, das er für seine mangelnde Unterstützung und Führung verantwortlich macht.

Gabriels Kritik am Management und Eigentümer von Thyssenkrupp

Nach seinem Rücktritt erklärte Gabriel in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin "Capital", dass das Unternehmen aufgrund interner Konflikte und Missmanagements wertvolle Zeit und Ressourcen verliere. Er bezeichnete den gesamten Konflikt als "vollständig unsinnig" und bemängelte, dass der Rücktritt in einer Phase erfolge, in der der Stahlkonzern gigantische Großprojekte durchführt. Diese Projekte umfassen unter anderem den Bau neuer Stahlanlagen, eine DRI-Anlage (Direct Reduced Iron) zur Produktion von grünem Stahl und die Umrüstung einer Gieß-Walzanlage im laufenden Betrieb – ein Unterfangen, das weltweit einzigartig ist. Gabriel warnte vor den gravierenden Folgen eines möglichen Scheiterns dieser Projekte: "Geht das schief, steht die deutsche Autoindustrie still."

Gestörtes Vertrauensverhältnis und Machtkampf innerhalb des Konzerns

Gabriel nannte als einen der Hauptgründe für seinen Rücktritt das gestörte Vertrauensverhältnis zum Vorstandschef von Thyssenkrupp, Miguel López. Er beschuldigte López, in den vergangenen Wochen mehrfach direkt in die Stahlsparte eingegriffen zu haben, ohne den Aufsichtsrat zu informieren, und den dortigen CEO in seiner Arbeit zu behindern. Gabriel kritisierte, dass López Zustände wie in einem "Gulag" herbeigeführt habe, eine Formulierung, die laut Gabriel nicht von ihm, sondern von Personen innerhalb des Unternehmens stamme. Gabriel zeigte sich darüber verärgert, dass López trotz seines umstrittenen Führungsstils immer noch die Unterstützung der Krupp-Stiftung genieße, äußerte jedoch auch, dass er darüber nicht wütend sei. Vielmehr beklagte er, dass "sie es einfach nicht verstanden" hätten.

Finanzierungsprobleme und gescheiterte Verselbstständigung der Stahlsparte

Ein weiterer Streitpunkt innerhalb des Konzerns war die unzureichende Finanzausstattung der Stahltochter, um ihr eine eigenständige Operation zu ermöglichen. Gabriel betonte, dass die Stahlsparte, wenn sie an die Börse gebracht werden solle, von der Eigentümerin so ausgestattet sein müsse, dass sie dazu in der Lage sei. López hingegen habe die Haltung eingenommen, nicht mehr als Eigentümer zu agieren, sondern sich gegenüber der Stahl AG wie eine Bank zu verhalten. "Das heißt, er will ihr Darlehen geben – und das nicht mal ausreichend," so Gabriel.

Dieser Ansatz führte dazu, dass die Verselbstständigung der Stahlsparte bereits zum vierten Mal gescheitert ist. Jedes Mal fehlten zwischen 1,5 Milliarden und 2,5 Milliarden Euro, um die Pläne erfolgreich umzusetzen. Gabriel machte für die Krise der Sparte vor allem jahrelange Management-Fehler verantwortlich. Dazu zählten für ihn unter anderem der gescheiterte, milliardenschwere Versuch, ein Werk in Brasilien zu errichten, verpasste Chancen beim Handel mit CO2-Zertifikaten und aufgeschobene Strukturreformen.

Die Rolle der Bundesregierung und die Intervention von Robert Habeck

Auch die Bundesregierung hat auf die Entwicklungen bei Thyssenkrupp reagiert und die Konzernführung für ihr Verhalten kritisiert. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums betonte, dass die Verantwortlichen ihre eigentlichen Aufgaben wieder aufnehmen und Verantwortung übernehmen müssten – sowohl für das Unternehmen als auch für die Beschäftigten und die Zukunft der Stahlsparte.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich ebenfalls besorgt über die Situation. Er erklärte, dass sich die Lage bei Thyssenkrupp auf allen Seiten sehr unversöhnlich zugespitzt habe, was kein guter Zustand sei. Habeck betonte, dass trotz der aktuellen Schwierigkeiten der von Bund und Land mit rund zwei Milliarden Euro subventionierte ökologische Umbau der Stahlsparte fortgeführt werden müsse.

Unterstützung von Bund und Land für die Stahlproduktion

Der ökologische Umbau der Stahlsparte, der von Bund und Land gefördert wird, ist ein zentraler Bestandteil der Zukunftsstrategie für den Stahlstandort Duisburg und Nordrhein-Westfalen. Habeck erklärte, dass die öffentliche Hand bereits konkrete Unterstützung zur Sicherung dieses Stahlstandortes geleistet habe. Die Unternehmensseite müsse nun ebenfalls ihren Teil beitragen, damit die Transformation gelingt und eine zukunftsfähige Stahlproduktion am Wirtschaftsstandort Deutschland gesichert werden könne.