Der Übernahmekrimi um die Commerzbank hält die Finanzwelt weiterhin in Atem. Die italienische Großbank Unicredit hat ihre Beteiligung an der Commerzbank weiter aufgestockt, ohne zusätzliche Aktien vom deutschen Staat zu erwerben. Über den Einsatz von Finanzinstrumenten konnte Unicredit ihre Beteiligung an der Commerzbank um weitere 11,5 Prozent erhöhen und hält nun insgesamt etwa 21 Prozent der Aktien. Dies sorgt für großen Unmut sowohl bei der Bundesregierung als auch bei den Arbeitnehmervertretern. Die Zukunft der Commerzbank und ihrer Mitarbeiter steht auf dem Spiel, da die Gefahr besteht, dass eine vollständige Übernahme durch Unicredit die Eigenständigkeit des deutschen Finanzhauses gefährdet.
Unicredit stockt Beteiligung auf
Am 23. September 2024 wurde bekannt, dass die italienische Großbank Unicredit ihre Beteiligung an der Commerzbank weiter ausgebaut hat. Ohne weitere Aktien vom deutschen Staat zu erwerben, sicherte sich Unicredit durch den Einsatz von Finanzinstrumenten zusätzliche 11,5 Prozent der Anteile an der Commerzbank. Insgesamt hält Unicredit damit nun etwa 21 Prozent der Anteile an der Bank.
Darüber hinaus plant Unicredit, ihre Beteiligung weiter zu erhöhen. Die Bank gab bekannt, dass sie bei den zuständigen Behörden eine Genehmigung beantragt hat, um ihren Anteil auf bis zu 29,9 Prozent aufzustocken. Damit würde Unicredit einen signifikanten Einfluss auf die Geschicke der Commerzbank gewinnen. Die italienische Bank, die ebenfalls Eigentümerin der HypoVereinsbank (HVB) ist, zeigt durch diesen Schritt deutlich, dass sie ernsthafte strategische Interessen an der Commerzbank verfolgt.
Unicredit strebt eine starke europäische Bankenunion an
Unicredit hat keine Zweifel an ihren Absichten gelassen. In einer offiziellen Mitteilung erklärte das Institut, dass man davon überzeugt sei, dass innerhalb der Commerzbank ein beträchtlicher Wert freigesetzt werden könne. Dieser Wert könne entweder durch eine eigenständige Entwicklung der Commerzbank oder durch eine Integration in Unicredit erzielt werden. Ziel sei es, sowohl Deutschland als auch anderen Stakeholdern der Bank zu nutzen.
Unicredit betonte außerdem die Bedeutung einer starken europäischen Bankenunion. Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit im deutschen Bankensektor seien essenziell für den wirtschaftlichen Erfolg des Kontinents. Diese Botschaft richtet sich klar an den europäischen Markt, wo die Konsolidierung und Stärkung der Bankenlandschaft immer wieder als wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Stabilität angesehen wird.
Widerstand aus der Bundesregierung
Während Unicredit ihren Einfluss auf die Commerzbank weiter ausbaut, regt sich zunehmend Widerstand seitens der deutschen Bundesregierung. Das Bundesfinanzministerium betonte, dass die Regierung eine Übernahme der Commerzbank durch Unicredit nicht unterstütze. „Die Bundesregierung unterstützt die auf Eigenständigkeit ausgerichtete Strategie der Commerzbank“, hieß es aus Kreisen des Ministeriums. Man habe die Schritte von Unicredit zur Kenntnis genommen, sei aber gegen eine Übernahme. Diese Haltung wurde Unicredit auch klar kommuniziert.
Die Haltung der Bundesregierung ist dabei kein Novum. Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Bestrebungen, die Commerzbank als eigenständige deutsche Bank zu erhalten. Dies ist nicht nur eine Frage des nationalen Stolzes, sondern auch eine strategische Entscheidung, um den Bankensektor in Deutschland möglichst unabhängig und widerstandsfähig gegenüber ausländischen Einflussnahmen zu gestalten.
Die Reaktion der Commerzbank
Seitens der Commerzbank selbst bleibt die Situation angespannt, doch das Management zeigt sich besonnen. Auf eine Anfrage erklärte eine Sprecherin der Bank: „Wir haben die Erklärung zur Kenntnis genommen. Es gilt weiterhin, dass der Commerzbank-Vorstand immer strategische Optionen im Sinne seiner Stakeholder – also Investoren, Kunden und Mitarbeitern – verantwortungsvoll prüfen wird.“ Diese Aussage lässt Raum für Interpretationen, ob die Commerzbank sich langfristig gegen oder für eine engere Zusammenarbeit mit Unicredit entscheidet.
Intern gibt es allerdings deutlich kritischere Stimmen. Wie aus Kreisen der Bank bekannt wurde, ist man über die Vorgehensweise von Unicredit-Chef Andrea Orcel erstaunt. In Interviews hatte Orcel noch kürzlich öffentlich erklärt, dass ein Übernahmeangebot als „aggressiver Akt“ angesehen werde. Dies steht in starkem Kontrast zu den aktuellen Entwicklungen und lässt auf ein strategisches Umdenken innerhalb der Unicredit schließen.
Forderungen nach mehr Transparenz
Die Unsicherheit rund um die Übernahmepläne von Unicredit führt auch zu Forderungen nach mehr Transparenz. Die Gewerkschaft Deutscher Bankangestellten-Verband (DBV) forderte von Unicredit eine klare Strategieoffenlegung. Oliver Popp, Sprecher des DBV, erklärte: „Grundsätzlich ändert sich durch den neuen Unicredit-Deal nichts. Nach wie vor handelt es sich um eine Minderheitsbeteiligung.“ Dennoch sei es wichtig, dass Unicredit darlegt, welche langfristigen Ziele sie mit der Beteiligung verfolgt. Aus Sicht der Gewerkschaft sei es essenziell, dass die Commerzbank möglichst stark und eigenständig bleibe.
Auch Stefan Wittmann von der Ver.di-Bundesfachgruppe Bankgewerbe meldete sich zu Wort. Er bezeichnete das Vorgehen von Unicredit als „völlig unangemessenen aggressiven Akt“. Dies sei nicht nur ein Affront gegenüber der Bank, sondern auch gegenüber der Bundesregierung. Wittmann betonte, dass die Gewerkschaft weiterhin für eine unabhängige Commerzbank kämpfen werde und auch von der Regierung erwarte, dass sie diesen Kurs unterstütze.
Gefahr für Arbeitsplätze
Eine der größten Sorgen, die im Zusammenhang mit einem möglichen Deal zwischen Unicredit und der Commerzbank geäußert wird, betrifft die Arbeitsplätze. Laut dem Gesamtbetriebsrat der Commerzbank könnten im Falle einer Übernahme durch Unicredit bis zu zwei Drittel der Stellen gestrichen werden. Der Vorsitzende des Commerzbank-Gesamtbetriebsrats, Uwe Tschäge, erklärte gegenüber der Presse: „Das ist der unfreundlichste Akt, den man sich vorstellen kann! Wir sind höchst entsetzt.“
Ende Juni 2024 beschäftigte die Commerzbank nach eigenen Angaben weltweit rund 38.700 Vollzeitmitarbeiter, davon mehr als 25.000 in Deutschland. Ein Stellenabbau in der von Unicredit genannten Größenordnung würde somit tausende Arbeitsplätze in Deutschland gefährden. Dies ist ein weiterer Grund, warum die Übernahmepläne in Deutschland auf erheblichen Widerstand stoßen.