SPD-Chef Lars Klingbeil hat angekündigt, dass die Kontrollen an den deutschen Schengen-Binnengrenzen während der Fußball-Europameisterschaft (EM) auch nach Mitte Juli fortgesetzt werden sollen. Diese Kehrtwende bedeutet, dass die SPD ihren Widerstand gegen eine Verlängerung der Grenzkontrollen aufgibt. Klingbeil stimmte der Einschätzung von Innenministerin Nancy Faeser zu, dass die Kontrollen notwendig seien, um Schleuser zu fassen und irreguläre Migration zu begrenzen.
Klingbeil äußerte sich und betonte, dass die Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz fortgesetzt werden sollen. Die Entscheidung basiert auf der Feststellung zahlreicher illegaler Einreisen und der Notwendigkeit, die Sicherheit während der EM zu gewährleisten.
Hintergrund und Zahlen
Die Kontrollen an den deutschen Schengen-Binnengrenzen wurden aufgrund der Fußball-EM eingeführt und sollen bis zum 19. Juli andauern. Zwischen dem 7. und 13. Juni wurden bei diesen Kontrollen insgesamt 1400 unerlaubte Einreisen festgestellt. Aufgrund der hohen Migrationszahlen und der Aktivitäten von Schleusern gibt es bereits seit Monaten stationäre Kontrollen an den deutschen Landgrenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese unterstützte Klingbeils Position und betonte die Bedeutung der Kontrollen für die Eindämmung der irregulären Migration. Er hob hervor, dass die Kontrollen auch zur Vollstreckung offener Haftbefehle bei deutschen Bürgern beitragen.
Wiese erklärte, dass das Monitoring des Grenzgeschehens auch während der EM unerlässlich sei, um die Sicherheitslage im Griff zu behalten. Er zog eine positive Zwischenbilanz und sprach sich dafür aus, die Kontrollen mit einem zeitlichen Puffer nach hinten hinaus fortzusetzen, nicht nur wegen der Olympischen Spiele in Paris.
Haushaltsstreit und kreditfinanziertes Sondervermögen
Vorschlag eines kreditfinanzierten Sondervermögens
Im Zusammenhang mit dem Haushaltsstreit der Ampel-Koalition hat Lars Klingbeil deutlich gemacht, dass die SPD sich statt einer Aussetzung der Schuldenbremse ein kreditfinanziertes Sondervermögen für Investitionen vorstellen kann. Klingbeil betonte, dass alle Ministerien zunächst prüfen müssten, wo Einsparungen möglich seien. Allerdings könne man nicht 30 bis 40 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt streichen.
Er rief dazu auf, ideologiefrei über alle Möglichkeiten zu diskutieren und zeigte sich offen für den Vorschlag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), der ein Sondervermögen für Investitionen vorgeschlagen hatte. Der BDI hatte auf einen erheblichen Investitionsstau in Deutschland hingewiesen und kreditfinanzierte Extratöpfe neben dem Bundeshaushalt und außerhalb der Schuldenbremse vorgeschlagen.
Diskussion um die Schuldenbremse
Die Ampel-Koalition ringt seit Monaten um einen Haushaltsentwurf für das kommende Jahr. Eine zweistellige Milliardenlücke in der Etatplanung muss geschlossen werden. Während FDP-Finanzminister Christian Lindner darauf besteht, die Schuldenbremse einzuhalten, setzt die SPD auf eine Ausnahmeregelung, um diese auszusetzen. Lindner hatte den BDI-Vorstoß für Sondervermögen jedoch abgelehnt.
Klingbeil argumentierte, dass der Haushalt die richtigen Impulse setzen müsse, um im nächsten Jahr ein ordentliches Wachstum zu erzielen. Kürzungen und neue Unsicherheit könnten das Wachstum abwürgen, was auch nicht im Interesse des FDP-Finanzministers sei. Angesichts des Krieges in der Ukraine sprach er von einer Ausnahmesituation, die es erlaube, die Schuldenbremse auszusetzen. Das Grundgesetz erlaubt in solchen Situationen die Aussetzung der Obergrenze für Kredite im Bundeshaushalt.