Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat vorgeschlagen, die Sozialleistungen für Geflüchtete zu kürzen, die aus anderen EU-Staaten nach Deutschland kommen. Er argumentiert, dass das Dublin-System vorschreibt, dass der EU-Staat, in dem ein Flüchtling zuerst die EU betritt, für ihn zuständig ist. "Viele kommen trotzdem nach Deutschland," erklärte Buschmann in einem Interview mit der Welt am Sonntag. Er schlägt vor, die Sozialleistungen auf die Finanzierung der Rückkehrkosten zu beschränken.
Reduzierung von "Pull-Faktoren"
Buschmann betont, dass Asylbewerber bereits im Ersteinreisestaat Anspruch auf Unterstützung haben. Sie sollten nicht erwarten, in Deutschland von der Solidarität der Bevölkerung zu leben, wenn sie nicht bereit sind zurückzureisen. Obwohl dies umstritten sei, sei es notwendig, an diesen "Pull-Faktoren" zu arbeiten, die viele Menschen auf irregulärem Wege nach Deutschland locken.
Dublin-Verordnung und ihre Herausforderungen
Gemäß der Dublin-Verordnung ist immer nur ein EU-Mitgliedsstaat für die Prüfung und Abwicklung von Asylverfahren zuständig. Der erste Einreisestaat spielt dabei eine wesentliche Rolle. Allerdings wird auch geprüft, ob sich bereits ein Familienangehöriger in einem anderen Mitgliedsstaat befindet.
Überstellungen nach Österreich
Geflüchtete, die in einem EU-Land Asyl beantragen, werden in der Eurodac-Datenbank registriert. Wenn deutsche Behörden dort einen Treffer finden, kann die Person in das Land des Erstantrags überstellt werden. In der Praxis ist dies jedoch oft schwierig, da manche Länder Geflüchtete unregistriert weiterziehen lassen oder aufgrund fehlender Unterbringungs- und Überlebensmöglichkeiten nicht zurücknehmen können.
Im Jahr 2023 hat Deutschland in 74.622 Fällen andere EU-Länder um Überstellungen im Rahmen der Dublin-Verordnung ersucht. 55.728 dieser Anfragen wurden akzeptiert, jedoch wurden nur 5.053 Überstellungen tatsächlich durchgeführt, die meisten nach Österreich. Insgesamt wurden 2023 in der EU rund 1,05 Millionen erstmalige Asylanträge gestellt, davon 329.120 in Deutschland.
Grenzkontrollen und Zurückweisungen
Buschmann wies darauf hin, dass Zurückweisungen von Schutzsuchenden auf deutschem Boden aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs nicht möglich sind. Es gäbe jedoch andere Möglichkeiten, wie Grenzkontrollabkommen mit Nachbarstaaten. Diese Abkommen ermöglichen Kontrollen auf deren Boden mit deren Einverständnis. Dort können auch Zurückweisungen erfolgen, was bereits seit längerem praktiziert wird.
Verlängerung der Grenzkontrollen
Ende Mai hatte das Bundesinnenministerium angekündigt, die seit Herbst 2023 geltenden stationären Kontrollen an den Landgrenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz bis Mitte Dezember zu verlängern. Die Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze bestehen bereits seit Herbst 2015.