Finanzminister Christian Lindner, Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck haben im Haushalt 2025 bedeutende Einsparungen bei den Sozialausgaben angekündigt. Die Ampel-Koalition plant, fast fünf Milliarden Euro weniger für das Bürgergeld auszugeben. Der zugrunde liegende Plan: Die Zahl der Bürgergeld-Bezieher soll deutlich sinken, da viele Empfänger eine Beschäftigung aufnehmen werden. Doch viele Experten und Analysten zweifeln an der Umsetzbarkeit dieser Einsparungen. Seit Einführung des Bürgergelds im Januar 2023 ist die Zahl der Bezieher stetig gestiegen. Es entsteht der Eindruck, dass die Regierung große Bürgergeld-Märchen erzählt.
Der Haushalt 2025: Ein Überblick
Am Mittwochvormittag verabschiedete das Kabinett den Haushalt für das Jahr 2025. Neben zahlreichen Ausgabenposten sticht besonders die geplante Kürzung beim Bürgergeld hervor. Das Ziel ist klar: Einsparungen in Milliardenhöhe. Doch diese Pläne basieren auf optimistischen Annahmen, die von vielen Seiten kritisch gesehen werden.
Märchen 1: Der „Job-Turbo“ bringt viele Flüchtlinge in Arbeit
Arbeitsminister Hubertus Heil (51, SPD) möchte bereits in diesem Jahr eine Milliarde Euro beim Bürgergeld einsparen. Ein wesentlicher Baustein dieser Strategie ist der sogenannte „Job-Turbo“, der ausländische Stütze-Empfänger schneller in Arbeit bringen soll. Heil betonte, dass der „Job-Turbo“ auf Hochtouren laufe. Doch aktuelle Zahlen sprechen eine andere Sprache: Derzeit beziehen 487.000 erwerbsfähige Migranten Bürgergeld, Ende 2023 waren es 460.000 – fast 30.000 weniger. Die geplante Einsparung erscheint daher unrealistisch.
Analyse der Zahlen
Eine genauere Betrachtung der Zahlen zeigt, dass der „Job-Turbo“ bisher nicht die erhofften Ergebnisse gebracht hat. Die Zahl der Migranten, die Bürgergeld beziehen, ist nicht gesunken, sondern gestiegen. Dies stellt die Wirksamkeit der Maßnahme und die damit verbundenen Einsparungen infrage.
Märchen 2: Harte Strafen gegen Stütze-Missbrauch
Zum Jahreswechsel kündigte Heil an, dass Bürgergeld-Empfänger, die mehrmals Jobangebote ablehnen, zwei Monate lang keine Unterstützung mehr erhalten. Dieses Maßnahme sollte mehr Empfänger in Arbeit bringen. Allerdings gibt es keine verlässlichen Daten darüber, wie oft diese Sanktionen tatsächlich umgesetzt wurden. Weder das Arbeitsministerium noch die Bundesagentur für Arbeit können hierzu konkrete Zahlen liefern.
Effektivität der Sanktionen
Die Einführung härterer Sanktionen sollte eine abschreckende Wirkung auf Missbrauch des Bürgergelds haben. Ohne konkrete Daten bleibt jedoch unklar, ob diese Maßnahmen tatsächlich greifen und die angestrebten Einsparungen realisiert werden können.
Märchen 3: Ex-Bürgergeld-Empfänger bleiben im Job
Die Regierung versprach, dass das Bürgergeld die Menschen nachhaltig in Arbeit bringen würde. Wer eine Beschäftigung aufnimmt, sollte sich nach drei Monaten selbst versorgen können – ohne weitere Unterstützung. Doch laut WELT kehren viele Bürgergeld-Empfänger nach kurzer Zeit wieder in das Sozialsystem zurück. Im Jahr 2022 bezogen noch unter Hartz IV 51 Prozent derjenigen, die eine Arbeit aufgenommen hatten, nach drei Monaten wieder Unterstützung.
Nachhaltigkeit der Arbeitsmarktintegration
Die hohe Rückfallquote zeigt, dass die nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt nicht so funktioniert, wie es die Regierung erhofft hatte. Viele Empfänger kehren aufgrund prekärer Beschäftigungsverhältnisse oder unzureichender Löhne schnell in das Bürgergeld-System zurück.
Kritik und Alternativvorschläge
Die FDP zweifelt an den Berechnungen des Arbeitsministeriums und fordert die Wiedereinführung von Ein-Euro-Jobs in großem Stil. Sozialexperte Pascal Kober (53) betont, dass diese Maßnahmen berufsbezogene Sprachkompetenzen fördern und die Motivation steigern könnten, einen stabilen Job anzunehmen. Die FDP sieht hierin eine realistischere Möglichkeit, die angestrebten Einsparungen zu erreichen.
Ein-Euro-Jobs als Lösung?
Ein-Euro-Jobs könnten tatsächlich eine wirksame Ergänzung zu den bisherigen Maßnahmen sein. Sie bieten praktische Arbeitserfahrung und fördern die Integration in den Arbeitsmarkt. Doch auch hier bleibt abzuwarten, ob diese Lösung die gewünschten Einsparungen und den gewünschten Effekt erzielt.