Das Bundesverfassungsgericht hat Teile der Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition für verfassungswidrig erklärt. Dies wurde durch geleakte Gerichtsunterlagen bekannt, die aufzeigen, dass bestimmte Aspekte der Reform gegen das Grundgesetz verstoßen. Die Union und die Linke begrüßen diese Entscheidung als Bestätigung ihrer Kritik an der Reform.
Reaktion der Union
Die Union bewertet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als eine erhebliche Niederlage für die Ampel-Regierung. Der CDU-Rechtspolitiker Günter Krings äußerte am Dienstag im Deutschlandfunk, dass die Verschärfung der Fünf-Prozent-Klausel eine große Schlappe für die Ampel darstelle. Die CSU-Politikerin Andrea Lindholz äußerte sich gegenüber RTL/ntv positiv über das Urteil, insbesondere über das Stopp der geplanten Aufhebung der sogenannten Grundmandatsklausel. Lindholz erklärte: „Ich bin sehr froh, dass das Bundesverfassungsgericht kleine Parteien, regionale Parteien wie auch die CSU damit stärkt.“
Details der Wahlrechtsreform
Im Jahr 2023 beschloss die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP eine Reform des Wahlrechts. Diese Reform sah eine Verkleinerung des Bundestages auf 630 Abgeordnete vor. Die Grundmandatsklausel, die besagte, dass Parteien mit mindestens drei Direktmandaten automatisch in den Bundestag einziehen konnten, wurde im neuen Gesetz gestrichen. Gleichzeitig blieb die Fünf-Prozent-Hürde bestehen, die nur Parteien, die bundesweit diese Schwelle erreichen, den Einzug in den Bundestag ermöglicht. Die Reform legte fest, dass für die Anzahl der Sitze einer Partei im Parlament ausschließlich das Ergebnis der Zweitstimmen entscheidend ist, selbst wenn eine Partei mehr Direktmandate erzielt hat. Dies wurde von der Vorsitzenden Richterin Doris König als mit dem Grundgesetz vereinbar bezeichnet.
Urteil des Verfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht beanstandete die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition in Bezug auf die Fünf-Prozent-Hürde in Kombination mit der Abschaffung der Grundmandatsklausel. Diese Kombination wurde als verfassungswidrig erklärt. Die Regelungen zur Streichung der Überhang- und Ausgleichsmandate, die den Bundestag auf 733 Sitze vergrößert hatten, wurden jedoch nicht beanstandet.
Reaktionen der Ampel-Koalition
Trotz der Beanstandungen sehen die Ampel-Fraktionen die Entscheidung des Gerichts nicht als Niederlage. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese betonte, dass die Verkleinerung des Bundestages durch das Urteil voll und ganz bestätigt wurde und somit verfassungsgemäß sei. Auch FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle bestätigte, dass die Verkleinerung des Bundestages durch das Urteil voll und ganz bestätigt wurde.
Bedauern über technische Panne
Das Bundesverfassungsgericht bedauerte die vorzeitige Veröffentlichung des Urteils, die durch einen technischen Fehler verursacht worden sein könnte. Die stellvertretende Verfassungsgerichtspräsidentin Doris König erklärte bei der Urteilsverkündigung, dass das Gericht derzeit untersuche, wie es zu der verfrühten Veröffentlichung kommen konnte.
Kritische Stimmen
CSU-Politikerin Andrea Lindholz äußerte Kritik an der Reform und betonte, dass es der Demokratie schade, wenn Kandidaten einen gewonnenen Wahlkreis nicht im Bundestag vertreten dürften. Sie warnte davor, dass dies langfristig das Vertrauen in das Wahlsystem untergraben könnte.
Ausblick und Erwartungen
Gregor Gysi von der Linken erwartet, dass im September ein neues Wahlrecht für die Bundestagswahl 2025 verabschiedet wird. Er forderte eine zügige Entscheidung über das Wahlrecht, da seit Ende Juni Direktkandidatinnen und Direktkandidaten aufgestellt werden dürfen. Gysi zeigte sich besorgt darüber, dass das Urteil durch ein Versehen vorab bekannt wurde und somit die Aufregung über das Ergebnis etwas gemildert wurde. Die Linke sieht sich durch das Urteil in ihrer Ansicht bestätigt, dass das Wahlrecht verfassungswidrig sei. Gysi betonte, dass die Reform die Gleichheit der Stimmen und die Chancengleichheit der Parteien verletze, insbesondere durch die Streichung der Grundmandatsklausel, die der Linken 2021 den Einzug in den Bundestag ermöglichte.