Bundesrechnungshof kritisiert Spahns Krisenmanagement während der Coronakrise
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Bundesrechnungshof kritisiert Spahns Krisenmanagement während der Coronakrise

Der Bundesrechnungshof hat in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Bundestags eine umfassende Bilanz seines Audits zum Pandemie-Management der Bundesregierung gezogen und Empfehlungen für zukünftige Krisen ausgesprochen. Diese Kritik wurde insbesondere an den Ausgaben des Gesundheitsministeriums während der Corona-Pandemie, vor allem in der Amtszeit von Jens Spahn (CDU), geäußert. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags, bestehend aus 19 Abgeordneten aller Parteien, tagte in dieser Sitzung, um die Ausgaben der Bundesregierung zu überprüfen. Die Sitzung wurde von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung recherchiert.

Ausgabenanalyse: Mehr als notwendig ausgegeben

In den Jahren 2020 bis 2023 hat das Gesundheitsministerium mehr als 100 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Corona-Pandemie aufgewendet. Der Bundesrechnungshof hat bereits zwei Drittel dieser Ausgaben überprüft, weitere Prüfungen sind noch ausstehend. Unter anderem wird untersucht, ob der Bedarf an Impfstoffen angemessen kalkuliert wurde.

Die Bilanz der Prüfer ist eindeutig: In Bereichen wie der Anschaffung neuer Intensivbetten, der Abrechnung von Corona-Tests und dem Einkauf von Masken wurde festgestellt, dass die Bundesregierung mehr Geld ausgegeben hat, als zum Schutz der Bevölkerung nötig gewesen wäre. Der Bundesrechnungshof empfiehlt daher, klare Regeln für Ausgaben aufzustellen und den Bedarf nicht zu überschätzen. Für zukünftige Krisen soll die Regierung schneller reagieren und nur das ausgeben, was tatsächlich erforderlich ist. Vertrauliche Sitzungsunterlagen bestätigen diese Empfehlung.

Kritische Bewertung der Maskenbeschaffung

Der Bundesrechnungshof rügt insbesondere die Maskenbeschaffung des Gesundheitsministeriums. Rund 7,2 Milliarden Euro wurden für persönliche Schutzausrüstung ausgegeben, wobei der Rechnungshof eine „massive Überbeschaffung“ von Masken feststellt. Viele dieser Masken wurden entweder bereits vernichtet oder stehen kurz vor der Vernichtung. Die „hohen Bestände“ seien „ohne Nutzen für die Pandemiebekämpfung“ angeschafft worden, was zusätzliche Folgekosten von 460 Millionen Euro für Lagerung, Logistik, externe Beratung und Vernichtung verursachte.

Jens Spahn rechtfertigt seine Maßnahmen mit der damals herrschenden Notlage und dem Prinzip „Besser haben als brauchen“. Er räumt jedoch ein, dass aus den Berichten des Bundesrechnungshofes Lehren für künftige Pandemien gezogen werden können.

Freihaltepauschalen und Krankenhausfinanzierung

Zusätzlich wurden 18,6 Milliarden Euro als Freihaltepauschalen an Krankenhäuser gezahlt. Diese Zahlungen sollten nicht zur Behandlung von Corona-Patienten dienen, sondern dazu, andere Patienten nicht zu behandeln. Der Bundesrechnungshof kritisiert die „Überkompensation“ gegenüber den tatsächlichen Einnahmeausfällen der Krankenhäuser und bemängelt, dass durch diese Gelder ineffiziente Klinikstrukturen stabilisiert wurden, die ohne die Pandemie möglicherweise reformiert worden wären.

Kosten für Coronatests und Überprüfungsmängel

Die Gesamtkosten für Coronatests beliefen sich auf 17,8 Milliarden Euro. Der Bundesrechnungshof kritisiert die überhöhten Vergütungspauschalen für Tests und die unzureichende Dokumentation der Ermittlung dieser Beträge. Bereits im Vorfeld wurde durch NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung aufgedeckt, dass die Preise für PCR-Testkits weit günstiger waren, als von der Laborärzte-Lobby behauptet.

Ein weiteres Problem war die unzureichende Kontrolle der Testabrechnungen. Schnelltestcenter konnten Tests abrechnen, ohne entsprechende Belege vorzulegen. Schätzungen des Landeskriminalamts Berlin zufolge wurden bundesweit rund eine Milliarde Euro durch fingierte Tests abgerechnet.

Ungeplante Ausgaben und Fehlbeträge

Im Winter 2020/2021 wurden Rentnerinnen und Rentnern kostenlos Schutzmasken in Apotheken zur Verfügung gestellt. Der Bundesrechnungshof stellt fest, dass die Vergütung an Apotheken fast viermal so hoch war wie der Einkaufspreis der Masken. Diese Aktion kostete den Bund etwa 2,1 Milliarden Euro. Das Gesundheitsministerium erklärte, dass die höhere Erstattungspreis auch die Arbeitskosten der Apotheker decken sollte.

Pflegeeinrichtungen erhielten von 2020 bis 2022 insgesamt 7,3 Milliarden Euro zur Abdeckung „pandemiebedingter Mehraufwendungen und Mindereinnahmen“. Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass nur zehn Prozent der Anträge nachgeprüft wurden und die Angaben schwer überprüfbar sind. Weitere 4,4 Milliarden Euro wurden zur Durchführung von Coronatests ausgezahlt, auch hier ohne Belege anzufordern.

Schlussfolgerungen und zukünftige Empfehlungen

Der Bundesrechnungshof konnte nicht abschätzen, wie viel von den 100 Milliarden Euro hätte gespart werden können, da die Sachverhalte zu komplex und vielfältig sind. Zudem sind Prüfungen weiterer milliardenschwerer Posten wie der Impfstoffbeschaffung noch nicht abgeschlossen. Das Gesundheitsministerium argumentiert, dass der Bundesrechnungshof die Sachverhalte im Nachhinein beurteilt und die Herausforderungen zu Beginn der Pandemie nicht ausreichend berücksichtigt.

In seiner Antwort betont der Bundesrechnungshof, dass der damalige Entscheidungsdruck aus heutiger Sicht berücksichtigt wurde und die Entscheidungen im März 2020 unter erheblicher Unsicherheit getroffen wurden.