Bezahlkarte vor dem Aus? Gerichte kippen Bargeld-Grenze für Flüchtlinge

Bezahlkarte vor dem Aus? Gerichte kippen Bargeld-Grenze für Flüchtlinge

Seit Anfang des Jahres 2024 haben mehrere deutsche Bundesländer Bezahlkarten für Flüchtlinge eingeführt. Diese Karten sollten es ermöglichen, dass Flüchtlinge Bargeld nur bis zu einem Betrag von 50 Euro abheben können. Ziel dieser Maßnahme war es, die finanzielle Unterstützung zu kontrollieren und zu verhindern, dass Flüchtlinge größere Beträge ins Ausland überweisen. Auch sollte der Anreiz für Flüchtlinge verringert werden, in Deutschland Sozialleistungen zu beziehen, anstatt eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Erste Erfahrungen und Verbreitung der Bezahlkarte

Seit Februar 2024 hat Hamburg bereits 1.100 Bezahlkarten an Asylbewerber ausgegeben, während Bayern seit März 2024 über 36.000 Karten verteilt hat. In Thüringen und Sachsen haben viele Landkreise ebenfalls eigene Bezahlkarten eingeführt. Für den Herbst 2024 planen 14 Bundesländer die Einführung eines gemeinsamen Modells für diese Bezahlkarten.

Juristische Auseinandersetzungen: Gerichte kippen 50-Euro-Grenze

Die rechtlichen Herausforderungen der Bezahlkarte sind jedoch nicht ausgeblieben. In den letzten Wochen haben Gerichte in Bayern und Hamburg die 50-Euro-Bargeldgrenze für Flüchtlinge angegriffen:

  • Urteil des Nürnberger Sozialgerichts: Das Sozialgericht in Nürnberg entschied, dass die Stadt Schwabach zwei Asylbewerbern die finanziellen Leistungen wieder auf ihr Konto überweisen müsse. Die Entscheidung basiert auf der Auffassung, dass die Stadt Schwabach prüfen hätte müssen, ob die 50 Euro als Bargeld-Obergrenze für diese Flüchtlinge angemessen sind. Außerdem wurde gefordert, dass ein Änderungsbescheid erlassen werden muss.
  • Urteil des Sozialgerichts Hamburg: Auch in Hamburg entschied das Sozialgericht, dass die 50-Euro-Grenze für eine schwangere Asylbewerberin mit Kindern nicht ausreichend sei.

Reaktionen auf die Gerichtsurteile

Sandro Kirchner, Staatssekretär im bayerischen Innenministerium und zuständig für die Bezahlkarte, wies darauf hin, dass der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg auf einer Sonderkonstellation basiere und nicht bayernweit übertragen werden könne. Kirchner erklärte, dass es derzeit keine Notwendigkeit für Anpassungen des verfügbaren Bargeldes gebe und die Staatsregierung weiterhin zur bayerischen Bezahlkarte stehe.

Kritiker der Bezahlkarte und rechtliche Herausforderungen

Sarah Lincoln, Rechtsanwältin bei der „Gesellschaft für Freiheitsrechte“, bezeichnete die pauschale Festsetzung des Bargeldbetrages auf 50 Euro als rechtswidrig. Ihrer Meinung nach wurde nicht ausreichend berücksichtigt, ob dieser Betrag für die betroffenen Flüchtlinge tatsächlich ausreicht.

Mögliche Auswirkungen auf die Verwaltungsarbeit

Die Entscheidung der Gerichte könnte weitreichende Konsequenzen für die Verwaltung und für Flüchtlinge selbst haben. Die Stadt Schwabach kündigte an, ihre Leistungsbescheide zu überprüfen, um festzustellen, ob Änderungen erforderlich sind. Es könnten sogar weitere Klagen gegen die Stadt Schwabach folgen, da am Sozialgericht Nürnberg bereits vier weitere Verfahren anhängig sind.

Ausblick und Erwartungen

Flüchtlingshelfer und Rechtsanwälte erwarten, dass die Kontroversen um die Bezahlkarte möglicherweise zu einer Klagewelle führen könnten. Sarah Lincoln, die auch Flüchtlingen rechtlich zur Seite steht, rechnet damit, dass viele weitere Klagen gegen die Bezahlkarte eingereicht werden könnten. Die Entscheidung der Gerichte in Hamburg und Nürnberg könnten als wichtige Wegweiser für zukünftige rechtliche Auseinandersetzungen dienen.