Die bevorstehenden Wahlen in Sachsen und Thüringen, die am 1. September 2024 stattfinden, sorgen für große Besorgnis unter Wirtschaftsvertretern und Familienunternehmen. Der Fokus liegt dabei auf den hohen Zustimmungswerten für die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in den Wahlumfragen. Diese Entwicklung ruft sowohl in der Region als auch auf nationaler Ebene ernste Bedenken hervor, insbesondere bezüglich der Auswirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum und die Attraktivität der Bundesländer für Investoren und Fachkräfte.
Wirtschaftsverbände und Familienunternehmen äußern Besorgnis
Wirtschaftsvertreter und Familienunternehmen, insbesondere in Thüringen und Sachsen, zeigen sich zunehmend besorgt über die bevorstehenden Wahlen. Colette Boos-John, die Landesvorsitzende der „Familienunternehmer“ in Thüringen, warnt eindringlich: „Je stärker wirtschaftsfeindliche Gruppen werden, desto unattraktiver wird Thüringen für Arbeits- und Fachkräfte.“ Dies ist ein Alarmzeichen für die Wirtschaft, da eine politische Ausrichtung, die als wirtschaftsfeindlich betrachtet wird, potenziell negative Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft und die Arbeitsmarktsituation der Region haben könnte.
Plakataktionen gegen Populismus und Extremismus
In Reaktion auf die besorgniserregenden Wahlergebnisse haben sich Thüringer Wirtschaftsverbände, die Industrie- und Handelskammer Erfurt sowie verschiedene Unternehmen zusammengeschlossen, um eine Plakataktion gegen Populismus und rechtsextreme Kräfte zu starten. Diese Kampagne zielt darauf ab, ein fremdenfeindliches Image Thüringens zu vermeiden und den Zuzug sowie den Verbleib von Fachkräften zu sichern. Die Plakate warnen vor möglichen negativen Auswirkungen auf Investoren und Start-ups, um die wirtschaftliche Attraktivität der Region zu erhalten.
Eine vergleichbare Kampagne läuft bereits seit Mitte Juli in Sachsen. Unter dem Motto „Keine Reise ins Blaue. Sachsens Wirtschaft braucht Zuversicht“ wird an Flughäfen in Leipzig und Dresden auf die wirtschaftlichen Risiken hingewiesen, die mit einem starken Wahlergebnis für die AfD verbunden sein könnten.
Wahlumfragen und politische Landschaft
Die Wahlumfragen zeigen besorgniserregende Ergebnisse für die etablierten Parteien und die Wirtschaft. In Thüringen liegt die AfD derzeit auf Platz eins, während in Sachsen die AfD auf Platz zwei hinter der CDU liegt. Die aktuelle Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen zeigt, dass die AfD in beiden Bundesländern jeweils etwa 30 Prozent Zustimmung erhält. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreicht Zustimmungswerte von 19 Prozent in Thüringen und 11 Prozent in Sachsen und liegt damit auf Platz drei.
Wirtschaftliche Bedeutung und Herausforderungen
In wirtschaftlicher Hinsicht stehen Sachsen und Thüringen vor unterschiedlichen Herausforderungen. Sachsen belegt im Vergleich der ostdeutschen Bundesländer den ersten Platz hinsichtlich des Bruttoinlandsprodukts, während es bundesweit an achter Stelle steht. Thüringen hingegen liegt im Osten auf dem zweitletzten Platz und belegt bundesweit den viertletzten Platz. Diese wirtschaftlichen Ranglisten spiegeln die jeweilige wirtschaftliche Lage und die Herausforderungen wider, mit denen die Regionen konfrontiert sind.
Laut repräsentativen Umfragen des Markt- und Sozialforschungsinstituts Insa, die im Auftrag der Familienunternehmer durchgeführt wurden, spielt die Wirtschaftspolitik für 67 Prozent der befragten Sachsen und 56 Prozent der Thüringer eine „große bis sehr große Rolle“. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Bedeutung der Wirtschaftspolitik für die Wähler und die Notwendigkeit, eine stabile und zukunftsorientierte Wirtschaftsstrategie zu verfolgen.
Fachkräftemangel und wirtschaftliche Zukunft
Ein zentrales Anliegen der Familienunternehmer ist der Fachkräftemangel, der bis 2035 in Thüringen voraussichtlich eine Viertelmillion Fach- und Arbeitskräfte betreffen wird. Die alternde Bevölkerung und die Notwendigkeit, Arbeitskräfte und Auszubildende aus dem In- und Ausland zu gewinnen, stellen die größte Herausforderung für die Wirtschaft dar. Die Geschäftsführerin des Straßen-, Tief- und Hochbauunternehmens Bauer Bauunternehmen, fordert, dass ohne eine geregelte Zuwanderung und Unterstützung der Fachkräfte der wirtschaftliche Erfolg Thüringens nicht fortgesetzt werden kann.
Wirtschaftskompetenz und politische Präferenzen
In Bezug auf die Wirtschaftskompetenz trauen die meisten Wähler in Sachsen (31 Prozent) der CDU die größte Kompetenz zu, gefolgt von der AfD (21 Prozent). Auch in Thüringen liegt die CDU in Bezug auf Wirtschaftskompetenz vorn (24 Prozent), während die AfD mit 21 Prozent auf dem zweiten Platz liegt. Diese Ergebnisse zeigen, dass trotz der Befürchtungen bezüglich der AfD und des BSW viele Wähler der CDU eine höhere Wirtschaftskompetenz zuschreiben.
Bedenken bezüglich des BSW
Der Verband der Familienunternehmer warnt vor einem starken Wahlergebnis für das BSW, da es als wirtschaftspolitisch linke, beinahe sozialistische Partei betrachtet wird, die in Wirklichkeit wirtschaftliche Freiheit und Eigentum angreift. Die Präsidentin des Verbands, Marie-Christine Ostermann, argumentiert, dass das BSW ein „Etikettenschwindel“ sei, wenn es sich zu „wirtschaftlicher Vernunft“ und einem „starken Mittelstand“ bekennt, während es in Wirklichkeit eher auf Kleingewerbe und staatliche Unternehmen setzt und die Schuldenbremse schleifen möchte, um die Wirtschaft zu steuern.
Reaktionen und Widerstand
Sabine Zimmermann, die Spitzenkandidatin des BSW in Sachsen, weist die Kritik zurück und betont, dass ihre Partei viele Punkte unterstütze, die auch von den Familienunternehmern gefordert werden, wie die Integration ausländischer Fachkräfte und den Abbau von Bürokratie. Sie beschuldigt den sächsischen Landesvorsitzenden der Familienunternehmer, Christian Haase, mit seinem Aufruf, das BSW nicht zu wählen, gegen die Interessen der Familienunternehmen zu handeln und ein Eigentor geschossen zu haben.