Ampel-Koalition Ringt Um Haushalt 2025
Featured

Ampel-Koalition Ringt Um Haushalt 2025

Bis zum morgigen Mittwoch dieser Woche steht die Ampel-Koalition unter immensem Druck, eine Einigung im Streit um den Haushalt 2025 zu finden. Trotz mehrerer Lösungsvorschläge bleiben die Fronten zwischen den drei Spitzenvertretern der Bundesregierung hart. Derzeit ist eine Einigung noch nicht in Sicht, und ein Scheitern der Verhandlungen könnte sogar das Ende der Koalition bedeuten.

Intensive Telefondiplomatie unter den Spitzenpolitikern

Am vergangenen Wochenende waren Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) durch zahlreiche Telefonate und virtuelle Meetings miteinander verbunden, um einen Ausweg aus dem Haushaltsstreit zu finden. Scholz war von den Olympischen Spielen aus in die Gespräche eingebunden, während Habeck sich in seinem Urlaub befand. Die häufigen Kontakte zeigen den Ernst der Lage und den Versuch, trotz der schwierigen Umstände eine Einigung zu erzielen.

Unklare Finanzierungslage und Grundsatzfragen

Im Zentrum des Streits steht eine Lücke von fünf Milliarden Euro im Etat, die dringend geschlossen werden muss. Diese Summe an sich erscheint überschaubar, doch der Streit geht weit über diese Finanzlücke hinaus. Im Mittelpunkt stehen grundsätzliche Fragen zur Ausrichtung der Finanzpolitik: Soll der Fokus auf Sparmaßnahmen oder Investitionen liegen? Die Auseinandersetzung betrifft nicht nur die Höhe der Mittel, sondern auch die strategische Richtung, die die Finanzpolitik nehmen soll.

Kanzler versus Finanzminister: Wer hat die Oberhand?

Ein wesentlicher Konfliktpunkt in den Verhandlungen ist die Frage, ob Kanzler Scholz oder Finanzminister Lindner die Richtung vorgibt. Scholz plädiert für eine Strategie, die möglicherweise auf Investitionen setzt, während Lindner auf eine strikte Sparpolitik drängt. Die Entscheidung darüber, wer in dieser Auseinandersetzung den entscheidenden Einfluss hat, ist für den Ausgang der Verhandlungen von zentraler Bedeutung.

Unklare Verhandlungsdynamik und mögliche Konsequenzen

Die Zeit drängt: Bis Mittwochabend muss eine Lösung gefunden werden, damit der Haushaltsentwurf zeitnah an den Bundestag übermittelt werden kann. Regierungsvertreter berichten, dass sich die Verhandlungspositionen am Wochenende nicht angenähert haben und die Fronten weiter verhärtet sind. Ein Scheitern der Verhandlungen wird mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen, was in der extremen Situation sogar das Ende der Koalition zur Folge haben könnte.

Verschiedene Lösungsoptionen auf dem Tisch

Trotz der angespannten Situation gibt es laut Handelsblatt mehrere Lösungsansätze, die theoretisch zur Behebung der finanziellen Lücke beitragen und eine Einigung ermöglichen könnten. Die Details dieser Vorschläge sind jedoch noch nicht öffentlich bekannt, und es bleibt abzuwarten, ob eine der angebotenen Lösungen die verfahrene Lage entschärfen kann.

Option 1: Mehr Geld für Bahn und Autobahn

Hintergrund des Haushaltskompromisses

Anfang Juli einigten sich Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck auf einen neuen Haushalt. Dieser Kompromiss ließ jedoch eine finanzielle Lücke von 17 Milliarden Euro offen, von denen neun Milliarden bereits eingeplant waren. Die verbleibenden acht Milliarden sollten durch drei Maßnahmen aufgebracht werden:

  1. Vergabe von Darlehen: Die Ampel-Koalition plante, die Bahn und die Autobahn GmbH durch Darlehen zu unterstützen.
  2. Nutzung von KfW-Mitteln: Rund fünf Milliarden Euro, die die Staatsbank KfW aus der Energiekrise übrig hat, sollten ebenfalls verwendet werden.

Rechtsfragen und Herausforderungen

Zwei vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebene externe Gutachten legen nahe, dass die Nutzung der KfW-Mittel möglicherweise gegen die Verfassung verstoßen könnte. Bundesfinanzminister Lindner bestätigte dies und kündigte an, die Maßnahmen rechtlich prüfen zu lassen. Dies führte zu einer verbleibenden Lücke von fünf Milliarden Euro, die geschlossen werden muss.

Eine Möglichkeit zur Schließung dieser Lücke wäre die Erhöhung der Darlehen für die Bahn und die Autobahn GmbH. Da beide Institutionen eigenständig agieren und Investitionen tätigen, würden diese Kredite nicht auf die Schuldenbremse angerechnet. Dadurch könnte die Koalition mehr Schulden machen, was in der Vergangenheit bereits erfolgreich praktiziert wurde.

Rechtliche und praktische Überlegungen

Beim Kredit für die Bahn bestehen nur geringe rechtliche Bedenken. Laut dem Bundesfinanzministerium könnten 3,6 Milliarden Euro aufgebracht werden. Auch die Autobahn GmbH könnte mehr Geld erhalten als die ursprünglich geplanten eine Milliarde Euro, sofern ein rechtssicheres Modell gefunden wird.

Laut dem Bielefelder Verfassungsrechtler Johannes Hellermann, der eines der Gutachten erstellt hat, benötigt die Autobahn GmbH eigene Einnahmen zur Rückzahlung des Darlehens. Die Ampel müsste daher das Gesetz ändern und einen Teil der Mauteinnahmen der Autobahn GmbH zuschlagen. Dies könnte jedoch zu einem Verlust dieser Einnahmen im Haushalt führen, was eine zusätzliche Sorge darstellt.

Option 2: Pauschale Kürzungen

Vorschläge für Kürzungen

Eine weitere Option wäre die pauschale Kürzung der Etats aller Ministerien. Finanzminister Lindner schlug bereits vor, jedes Ministerium um 1,5 Prozent zu kürzen. Dieser Vorschlag stieß jedoch auf Widerstand, insbesondere bei der SPD, die Kürzungen im Sozialetat als inakzeptabel ansieht. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius, ebenfalls von der SPD, wäre von diesen Kürzungen betroffen, was in Anbetracht der Sicherheitslage problematisch wäre.

Politische Realisierbarkeit

Aufgrund der erheblichen Widerstände gegen pauschale Kürzungen, insbesondere aus der SPD und anderen betroffenen Ministerien, erscheint diese Option wenig realistisch. Die Koalition hat bereits wochenlang über die einzelnen Posten in den Etats verhandelt, was eine grundlegende Neubewertung der Kürzungsstrategie wenig wahrscheinlich macht.

Option 3: Gezielte Kürzungen

Zielgerichtete Vorschläge

Das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut der Universität Köln und andere Ökonomen haben mehrere gezielte Kürzungsvorschläge formuliert. Eine sofortige Schließung der Lücke könnte durch die Abschaffung ökonomisch unsinniger Steuersubventionen erreicht werden. Dazu gehören unter anderem:

  • Abbau des Dieselprivilegs in der Energiesteuer.
  • Streichung der Gewerbesteuer-Befreiung für Immobilienunternehmen.

Politische Hürden

Im vergangenen Jahr führte der Abbau von Subventionen für Landwirte zu erheblichem Widerstand und einem regelrechten Bauernaufstand. Daher wäre es politisch möglicherweise einfacher, einen Subventionsabbau nach der Rasenmähermethode zu wählen. Dennoch hat sich die Ampel-Koalition bislang nicht an dieses konfliktträchtige Thema herangetraut, was die Umsetzung dieser Option erschwert.

Option 4: Formelkompromiss zwischen Scholz und Lindner

Mögliche Kompromisslösungen

Eine weitere Möglichkeit wäre ein Formelkompromiss zwischen Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner. Ein solcher Kompromiss könnte beinhalten, dass beide Seiten bei Herzensprojekten ihrer Parteien Zugeständnisse machen, um dem jeweils anderen den Erfolg zu ermöglichen. Beispielhafte Ansätze könnten sein:

  1. Abbau der kalten Progression: Scholz könnte Lindner entgegenkommen, indem die kalte Progression langsamer abgebaut wird. Dies betrifft schleichende Einkommensteuererhöhungen, die besonders Geringverdiener belasten.
  2. Rentenkonzept: Im Gegenzug könnte Lindner Scholz dazu bewegen, bei der Rente flexibler zu agieren, etwa durch Anreize für Senioren, länger zu arbeiten oder Anpassungen des Rentenniveaus vorzunehmen.

Unsicherheit über die Wirksamkeit

Ob ein solcher Kompromiss ausreichen würde, um die akuten Haushaltslücken zu schließen, ist fraglich. Die Bereitschaft beider Seiten zur Bewegung und die politische Akzeptanz solcher Maßnahmen müssen noch geklärt werden.

Option 5: Scheitern der Koalition

Risiko eines Koalitionsbruchs

Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Koalition letztlich scheitert. Die intensiven Auseinandersetzungen zwischen SPD und FDP haben bereits gezeigt, dass der Haushaltsstreit zu einer Frage der Ehre geworden ist. Die Verhärtung der Fronten zwischen SPD und FDP ist deutlich spürbar, und es gibt ständige Provokationen zwischen den beiden Parteien.

Ausblick

Die SPD drängt weiterhin auf mehr Investitionen, obwohl diese rechtlich unsicher erscheinen, während die FDP Kürzungen beim Bürgergeld fordert. Minister Habeck steht zwischen den Fronten und hofft, dass weder SPD noch FDP die Koalition gefährden. Trotz der schwierigen Situation ist ein endgültiges Scheitern der Koalition noch nicht ausgeschlossen und stellt ein ernsthaftes Risiko dar.