Die Gründung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) im Herbst 2023 markierte einen tiefen Einschnitt in die politische Landschaft Deutschlands, insbesondere für Die Linke. Sahra Wagenknecht, einst eine der prominentesten Figuren der Linkspartei, entschied sich, mit einer Gruppe treuer Gefolgsleute einen eigenen politischen Weg einzuschlagen. Diese Abspaltung, die das Ende der Linksfraktion im Bundestag zur Folge hatte, stellt für Die Linke eine der größten Herausforderungen ihrer jüngeren Geschichte dar.
Janine Wissler: Ein Blick zurück mit schmerzhafter Erkenntnis
Janine Wissler, seit 2021 Bundesparteivorsitzende der Linken, äußerte sich nun in einem ausführlichen Beitrag im Online-Magazin der Partei zu den Ereignissen und räumte Fehler in der Einschätzung der Lage ein. Wissler, die zu Beginn ihrer Amtszeit noch an die Einheit und den pluralistischen Charakter der Linken geglaubt hatte, gibt nun zu, die Gefahr, die von Wagenknecht und ihren Anhängern ausging, unterschätzt zu haben. "Mit dem Wissen von heute bin ich der Meinung, dass man die Trennung viel früher hätte forcieren müssen", schrieb sie in ihrem Aufsatz und fügte hinzu: "Ich würde gerne sagen, dass man das nicht ahnen konnte, aber das stimmt leider nicht."
Warnungen ignoriert: Eine versäumte Chance
Wissler gesteht ein, dass es schon vor vielen Jahren Stimmen innerhalb der Partei gab, die vor der Entwicklung warnten, die schließlich zur Abspaltung führte. Diese Warnungen seien jedoch nicht ausreichend beachtet worden, und so kam es, dass die Partei über Jahre hinweg von innen heraus geschwächt wurde. "Ich habe die inhaltliche Kritik an Wagenknecht und Co. zwar vollständig geteilt, habe die Gefahr für die Partei damals aber unterschätzt", so Wissler weiter. Diese Selbstkritik spiegelt die tiefe Erschütterung wider, die die Abspaltung bei der Parteiführung hinterlassen hat.
Verheerende Folgen für Die Linke
Die Folgen der Abspaltung sind, wie Wissler beschreibt, „so verheerend wie absehbar“. Die Partei verlor nicht nur bedeutende Mitglieder, sondern auch ihren Fraktionsstatus im Bundestag, was die politische Schlagkraft erheblich minderte. Während das BSW bei der Europawahl im Juni 2024 deutschlandweit deutlich besser abschnitt als Die Linke, kämpft Wisslers Partei mit Umfragewerten, die unter die Fünf-Prozent-Hürde gefallen sind. In den anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September 2024 könnte sich dieser Trend weiter fortsetzen, da das BSW auch hier in den Umfragen vorn liegt.
Ein schwieriger Weg in die Zukunft
Die aktuelle Situation stellt Die Linke vor große Herausforderungen. Wisslers Eingeständnis, die Gefahr unterschätzt zu haben, ist ein Versuch, einen Neuanfang zu signalisieren, doch die Auswirkungen der Abspaltung sind noch lange nicht überwunden. Die Partei muss sich nun neu orientieren und Wege finden, um aus dem Schatten des BSW herauszutreten und wieder an politischer Bedeutung zu gewinnen.