Die Bundesregierung arbeitet intensiv daran, Abschiebungen nach Afghanistan wieder zu ermöglichen. Dies betrifft insbesondere afghanische Staatsbürger, die sich strafbar gemacht haben oder als Gefährder eingestuft werden. Es wird darüber diskutiert, diesen Personen finanzielle Unterstützung anzubieten, um ihre Ausreise zu erleichtern. Dies ist Teil einer breiteren Strategie, um die Herausforderungen im Bereich der Migration und Sicherheit zu bewältigen.
Hintergrund der Abschiebungspläne
Seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 wurden Abschiebungen nach Afghanistan praktisch eingestellt. Die Situation im Land verschlechterte sich drastisch, insbesondere in Bezug auf Menschenrechte und Sicherheit. Die Taliban setzten das islamische Recht, die Scharia, streng durch, was zu einer deutlichen Einschränkung der Rechte, insbesondere der Frauenrechte, führte. Afghanistan wurde als unsicheres Herkunftsland eingestuft, was Abschiebungen nahezu unmöglich machte.
Aktuelle Diskussionen in der Regierung
In den letzten Monaten gab es jedoch intensive Gespräche zwischen Bund und Ländern, um die rechtlichen und operativen Voraussetzungen für Abschiebungen nach Afghanistan zu schaffen. Das Bundesinnenministerium (BMI), unter der Leitung von Nancy Faeser, bestätigte auf Nachfrage, dass diese Gespräche stattfinden. Ziel ist es, die zuständigen Länder bei der Durchführung von Abschiebungen zu unterstützen.
Finanzielle Unterstützung für Abgeschobene
Ein zentrales Element der Diskussion ist die Frage, ob kriminelle afghanische Staatsbürger oder als Gefährder eingestufte Personen eine finanzielle Unterstützung vor ihrer Abschiebung erhalten sollen. Diese „finanzielle Reiseunterstützung“ könnte in der Praxis dazu dienen, rechtliche Hürden bei der Durchführung von Abschiebungen zu überwinden. Afghanische Staatsbürger haben in der Vergangenheit oft argumentiert, dass ihnen im Falle einer Rückkehr in ihr Heimatland extreme Armut drohe. Eine finanzielle Unterstützung könnte diese Bedenken abmildern, indem sie den Rückkehrern ermöglicht, sich in den ersten Monaten nach ihrer Ankunft in Afghanistan zu versorgen.
Die Rolle der Bundesländer
Ob und in welchem Umfang solche finanziellen Hilfen ausgezahlt werden, liegt im Ermessen der Bundesländer. Die Länder sind für die Durchführung von Abschiebungen zuständig und könnten individuell entscheiden, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Dies könnte zu einer unterschiedlichen Handhabung der Abschiebungspraxis zwischen den Bundesländern führen.
Herausforderungen und Kritik
Die Diskussion über finanzielle Anreize für Abgeschobene ist nicht ohne Kontroversen. Kritiker argumentieren, dass solche Zahlungen das falsche Signal senden könnten und die Bemühungen um eine konsequente Abschiebepolitik untergraben würden. Es gibt Bedenken, dass dies als Belohnung für kriminelles Verhalten wahrgenommen werden könnte. Zudem wird befürchtet, dass solche Zahlungen zusätzliche Anreize für illegalen Aufenthalt in Deutschland schaffen könnten, in der Hoffnung, am Ende finanziell von einer Abschiebung zu profitieren.
Bedeutung für die Asylpolitik
Afghanistan ist eines der wichtigsten Herkunftsländer von Asylbewerbern in Deutschland. Im Jahr 2023 stellten 51.275 Afghanen einen Asyl-Erstantrag in Deutschland, was einem Anstieg von 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies macht etwa 15 Prozent aller Asyl-Erstanträge aus. Die hohe Anzahl an afghanischen Asylbewerbern stellt Deutschland vor große Herausforderungen, insbesondere angesichts der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan.
Juristische Aspekte und die Rolle der Gerichte
Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion um Abschiebungen nach Afghanistan eine Rolle spielt, sind juristische Herausforderungen. Afghanische Staatsbürger, die von Abschiebung bedroht sind, haben oft vor deutschen Gerichten argumentiert, dass ihre Rückkehr nach Afghanistan unzumutbar sei, weil ihnen extreme Armut oder sogar Lebensgefahr drohe. Die Einführung einer finanziellen Unterstützung könnte dazu beitragen, solche Argumente zu entkräften, indem sie sicherstellt, dass Rückkehrer zumindest für eine gewisse Zeit über ausreichende Mittel verfügen, um sich in Afghanistan eine Existenz aufzubauen.
Vergleich mit bestehenden Rückkehrprogrammen
Es gibt bereits mehrere Programme, die freiwillige Rückkehrer finanziell unterstützen. Diese Programme bieten je nach Personenzahl und Situation finanzielle Hilfen, die von wenigen hundert bis zu mehreren tausend Euro reichen können, insbesondere für Familien. Diese Summen erscheinen auf den ersten Blick hoch, doch im Vergleich zu den Kosten, die durch einen Verbleib in Deutschland entstehen würden, sind sie oft geringer.