Asyl abgelehnt: So einfach ist es, der Abschiebung zu entgehen
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Asyl abgelehnt: So einfach ist es, der Abschiebung zu entgehen

Deutschland hat Schwierigkeiten, Menschen ohne Aufenthaltsrecht abzuschieben. Es gibt zahlreiche Schlupflöcher im System, die verhindern, dass abgelehnte Asylbewerber das Land verlassen müssen. Es gibt 7 Kritikpunkte.

1. Dublin-Verordnung: Zuständigkeit für Asylbewerber

Nach den sogenannten „Dublin“-Regeln ist jener Staat für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig, in dem der Asylbewerber als erstes registriert wurde. Beispielsweise müsste ein Asylbewerber, der in Bulgarien ankommt, dort auch bleiben und seinen Antrag stellen. Diese Regelung soll verhindern, dass Asylbewerber sich den Staat aussuchen, in dem sie ihren Antrag stellen möchten. Der Fall des Solingen-Terroristen Issa al Hasan (26) zeigt jedoch, dass diese Regel in der Praxis oft unterlaufen wird. Issa al Hasan kam ursprünglich in Bulgarien an, stellte seinen Asylantrag jedoch in Deutschland.

2. Dublin-Mogeleien: Strategien zur Verhinderung der Rücküberstellung

Die Theorie hinter der Dublin-Verordnung ist klar, aber die praktische Umsetzung wird durch eine Reihe von Ausnahmeregelungen erheblich erschwert. Hier sind einige der gängigsten "Mogeleien", die Rücküberstellungen in das Erstaufnahmeland verhindern:

  • Fristablauf: Die Rückführung in das zuständige Erstaufnahmeland muss innerhalb einer festgelegten Frist von sechs Monaten erfolgen. Wenn diese Frist abläuft, geht die Zuständigkeit automatisch auf Deutschland über. Das bedeutet, dass der Staat, der den Asylantrag bearbeiten muss, nicht mehr das Ursprungsland des Einreisenden ist, sondern Deutschland.
  • Systemische Mängel: Wenn im Erstaufnahmeland systemische Mängel bei der Bearbeitung von Asylfällen festgestellt werden, kann Deutschland die Rückführung aussetzen. Dies wird häufig dann angewendet, wenn in einem bestimmten Land Missstände, wie etwa unzureichende Unterbringung oder Versorgung von Asylbewerbern, vorliegen.
  • Selbsteintrittsrecht: Deutschland kann sich freiwillig bereit erklären, die Zuständigkeit für einen Asylbewerber aus einem anderen Dublin-Land zu übernehmen. Diese Möglichkeit wird manchmal aus humanitären Gründen genutzt oder wenn eine Rückführung logistisch zu kompliziert ist.

3. Ohne Pass: Die bleibe-Garantie

Eine der größten Herausforderungen für eine Abschiebung sind fehlende Reisedokumente. Ein gültiger Pass oder ein anderes Dokument, das die Identität des Betroffenen bestätigt, ist die Voraussetzung für eine Rückführung. Ohne einen solchen Nachweis können die meisten Herkunftsländer die Aufnahme verweigern. Das führt oft zur sogenannten „Duldung“ des Flüchtlings, einem Status, der keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung darstellt, aber die Abschiebung aussetzt.

  • Falsches Alter: Ein weiteres Problem ist die Altersangabe der Asylbewerber. Alleinreisende Minderjährige werden nicht zurückgeschickt und dürfen nur dann abgeschoben werden, wenn im Rückkehrstaat jemand bereit ist, sie in Empfang zu nehmen. Ohne Pass oder Dokumente ist der Altersnachweis schwierig, und viele nutzen diese Unsicherheit zu ihrem Vorteil.

4. Piloten können Abschiebungen verhindern

Es kommt häufiger vor, dass Abschiebungen nicht durchgeführt werden können, weil Piloten sich weigern, das Flugzeug zu starten. Zwei häufige Szenarien:

  • Untertauchen: Am Tag der geplanten Abschiebung sind die betroffenen Personen einfach nicht aufzufinden. Oft tauchen sie unter, wechseln den Wohnort oder verlassen die ihnen zugewiesenen Unterkünfte.
  • Widerstand im Flugzeug: Selbst wenn die abgelehnte Person im Flugzeug sitzt, kann es passieren, dass der Pilot den Flug verweigert. Passagiere, die sich weigern, sich hinzusetzen, oder anderweitig gegen ihre Abschiebung protestieren, können dazu führen, dass der Pilot das Flugzeug am Boden hält.

5. Rechtliche Strategien: Die Rolle der Anwälte

Viele abgelehnte Asylbewerber greifen auf juristische Hilfe zurück, um ihre Abschiebung zu verhindern. Anwälte suchen nach rechtlichen Lücken, um die Rückführung ihrer Mandanten zu verzögern oder zu stoppen. Ein bekanntes Beispiel ist die Asyl-Anwältin des Solingen-Terroristen, die erfolgreich Argumente fand, um die Abschiebung zu verhindern.

6. Soziale und familiäre Gründe: Heirat und Kinder

Zusätzlich zu den oben genannten Strategien gibt es noch andere Möglichkeiten, wie Asylbewerber und geduldete Personen ihre Abschiebung verhindern können:

  • Heirat: Eine Ehe mit einem anderen geduldeten Migranten oder mit einer Person, die bereits über eine Aufenthaltserlaubnis verfügt, kann die Abschiebung verhindern.
  • Kinder: Minderjährige Kinder, die bereits über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen, können ebenfalls eine Rückführung ihrer Eltern verhindern.

7. Gesundheitliche Gründe: Krankheit als Abschiebungshindernis

Gesundheitliche Probleme sind ein weiteres häufiges Argument, um eine Abschiebung zu verzögern oder zu verhindern:

  • Schwerwiegende Krankheiten: Menschen, die aufgrund schwerwiegender Krankheiten als reise- und transportunfähig eingestuft werden, können nicht abgeschoben werden. Dazu gehören sowohl physische als auch psychische Erkrankungen.
  • Risikoschwangerschaften: Schwangere Frauen, insbesondere bei Risikoschwangerschaften, können oft nicht abgeschoben werden, wenn dies die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährden könnte.
  1. Die Verantwortung der Politik

Die Diskussion um Abschiebungen ist in Deutschland nicht nur ein rechtliches, sondern auch ein politisches Thema. Immer wieder stellt sich die Frage, warum es nicht gelingt, Menschen ohne Aufenthaltsrecht konsequent abzuschieben. Kritiker werfen der Politik vor, zu zögerlich zu handeln und nicht genügend Druck auf die Herkunftsländer auszuüben, um eine Rückführung zu ermöglichen. Andererseits gibt es auch Stimmen, die mehr Menschlichkeit und Flexibilität im Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern fordern.