In den deutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen stehen die spannendsten Landtagswahlen seit Jahren bevor. Am kommenden Sonntag könnten die Ergebnisse ein politisches Erdbeben in Deutschland auslösen. Die Umfragen deuten auf ein katastrophales Abschneiden der regierenden Ampel-Koalitionsparteien – SPD, Grüne und FDP – hin. Die größten Gewinner scheinen die Alternative für Deutschland (AfD) und die konservative CDU zu sein.
Die Umfragewerte: AfD auf Höhenflug, CDU im Rennen, Ampel-Parteien vor Debakel
Die aktuellen Umfragen von INSA und Forsa zeichnen ein düsteres Bild für die Ampel-Parteien. In Thüringen liegt die AfD mit 30 Prozent weit vorne. Die CDU folgt mit 22 Prozent, und die Bürger für Sachsen und Thüringen (BSW) erreichen fast 20 Prozent. Die Linkspartei, angeführt von Ministerpräsident Bodo Ramelow (68), kommt auf 14 Prozent. In Sachsen hingegen liefern sich die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer (49) und die AfD ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die CDU liegt bei 33 Prozent, die AfD knapp dahinter mit 31 Prozent, während die BSW zwischen zwölf und 15 Prozent liegen.
Für die Ampel-Parteien ist die Lage jedoch besonders prekär: SPD, Grüne und FDP kommen in beiden Ländern zusammen kaum über zehn Prozent. Die SPD liegt in Sachsen und Thüringen nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. Die Grünen pendeln ebenfalls um die fünf Prozent, und könnten insbesondere in Thüringen aus dem Landtag fliegen. Die FDP befindet sich in einer noch dramatischeren Lage und liegt in beiden Bundesländern bei kaum messbaren zwei Prozent.
Die Bedeutung der Wahl für die Parteien und ihre Führungen
Die kommenden Wahlen könnten weitreichende Konsequenzen für die Parteien und ihre Führungspersonen haben. Bei einem Sieg der CDU in Sachsen und einem starken Abschneiden mit über 20 Prozent in Thüringen könnte Friedrich Merz, der Vorsitzende der CDU, als der klare Kanzlerkandidat für die nächste Bundestagswahl positioniert sein. Die CDU könnte sich so aus der Opposition in eine starke Führungsrolle bewegen, besonders im Osten Deutschlands. Allerdings droht der CDU eine Zerreißprobe: Zahlreiche CDU-Politiker in Sachsen und Thüringen sind offen für Bündnisse mit der AfD, während Merz eine Zusammenarbeit strikt ablehnt und auf die sogenannte "Brandmauer" besteht.
Für die SPD, die Grünen und die FDP sind die Perspektiven düster. Sollte die SPD auch die Landtagswahl in Brandenburg am 22. September verlieren, wo sie derzeit regiert, könnte dies für Kanzler Olaf Scholz zu erheblichen internen Diskussionen und möglicherweise zu einer Revolte innerhalb der Partei führen. Ein schlechtes Abschneiden in Sachsen und Thüringen könnte den Grünen zu neuen Richtungsdebatten und Flügelkämpfen verhelfen, vor allem in den sensiblen Bereichen wie der Migrationspolitik. Für die FDP, deren Absturz bei diesen Wahlen bereits als sicher gilt, könnten die Folgen besonders gravierend sein: Die Debatte über ein vorzeitiges Ende der Ampel-Koalition könnte neu aufflammen.
AfD auf dem Vormarsch: Mögliche Szenarien und Herausforderungen
Ein Triumph der AfD könnte Deutschland in eine neue politische Realität versetzen. Sollte die AfD in Thüringen und Sachsen stärkste Kraft werden und einen Koalitionspartner finden, könnte sie theoretisch sogar den Regierungschef stellen. Bislang haben jedoch alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Die AfD steht in beiden Bundesländern vor einem historischen Erfolg, insbesondere im Osten Deutschlands, wo sie sich als stärkste Oppositionskraft etablieren könnte.
Die zentrale Frage ist, ob die AfD in der Lage sein wird, eine stabile Regierungskoalition zu bilden. Aufgrund der bisherigen Isolation von anderen Parteien dürfte dies schwierig werden. Dennoch zeigen die Umfragewerte, dass die Partei von einer wachsenden Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien profitiert, insbesondere bei Themen wie Migration und innerer Sicherheit.
Die Lage der SPD: Wird Scholz unter Druck geraten?
Für die SPD, angeführt von Bundeskanzler Olaf Scholz (66), stehen die Zeichen auf Sturm. In beiden Bundesländern liegt die Partei nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. Ein Scheitern in Sachsen und Thüringen würde ihre politische Position weiter schwächen und könnte zu massiven internen Diskussionen führen. Die SPD schaut jedoch auch auf die Landtagswahl in Brandenburg, die am 22. September stattfindet. Sollte die SPD auch dort untergehen, könnte es für Scholz ungemütlich werden, da seine innerparteilichen Kritiker stärker werden und womöglich eine Führungsdebatte anstoßen könnten.
Grüne vor Richtungsdebatten: Migration und innere Konflikte
Auch bei den Grünen drohen nach den Landtagswahlen intensive Debatten über die künftige Ausrichtung der Partei. Bereits jetzt zeichnen sich innerparteiliche Konflikte ab, insbesondere in Fragen der Migrationspolitik. Sollte die Partei aus dem Landtag in Thüringen fliegen, könnten die Flügelkämpfe zwischen den pragmatischen Realos und den linken Fundis wieder aufflammen. Die Partei steht vor der Herausforderung, ihre Positionen zu schärfen und gleichzeitig ein breiteres Wählerspektrum anzusprechen, um sich aus der politischen Defensive zu befreien.
FDP vor dem politischen Aus: Eine Zukunft nach der Ampel?
Für die FDP sind die Prognosen besonders düster. Die Liberalen kommen in beiden Bundesländern laut Umfragen auf nur zwei Prozent und sind damit weit von der Fünf-Prozent-Hürde entfernt, die für den Einzug in den Landtag notwendig wäre. Parteichef Christian Lindner (45) steht damit vor einer enormen Herausforderung. Ein solches Wahldebakel könnte innerhalb der Partei den Druck auf ihn erhöhen und zu Diskussionen über die zukünftige Ausrichtung der Partei führen. Zudem dürfte die ohnehin schon angespannte Beziehung zu den Koalitionspartnern SPD und Grüne weiter strapaziert werden, insbesondere bei strittigen Themen wie der Rentenpolitik. Eine Debatte über ein vorzeitiges Ende der Ampel-Koalition könnte wieder Fahrt aufnehmen.
CDU: Auf der Suche nach dem richtigen Kurs
Die CDU könnte als großer Gewinner aus den Wahlen hervorgehen, steht aber ebenfalls vor Herausforderungen. Ein starker Erfolg in Sachsen und Thüringen könnte Parteichef Friedrich Merz endgültig den Weg zur Kanzlerkandidatur ebnen. Allerdings könnte ein solcher Erfolg auch zu innerparteilichen Konflikten führen. Zahlreiche CDU-Politiker in Sachsen und Thüringen sind offen für Gespräche mit der AfD, um möglicherweise Koalitionen zu bilden. Merz lehnt dies jedoch strikt ab und hält an der "Brandmauer" gegen die AfD fest. Diese Spannungen könnten in den kommenden Wochen und Monaten zu einer Zerreißprobe innerhalb der CDU führen.
Die CDU-Politikerin Martina Schweinsburg (65) aus Thüringen deutete bereits an, dass die Partei mit allen Parteien sprechen müsse, um gemeinsame Schnittmengen zu finden: „Man muss mit allen Parteien sprechen und danach die Schnittpunkte heraussuchen. Warten wir die Wahl erstmal ab.“ Dies könnte bedeuten, dass nach den Wahlen eine intensive innerparteiliche Debatte über die zukünftige strategische Ausrichtung der CDU entbrennen könnte.