Mit einer feierlichen Veranstaltung am 1. September 2024, im früheren Plenarsaal in Bonn hat die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag den 75. Jahrestag ihrer Gründung gefeiert. Diese Veranstaltung markierte nicht nur ein historisches Jubiläum, sondern bot auch eine Gelegenheit, die lange und bedeutende Geschichte der Union sowie die aktuelle politische Ausrichtung zu reflektieren. Friedrich Merz, der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion und gleichzeitig CDU-Bundesvorsitzender, nutzte diese Plattform, um die Einheit und den Zusammenhalt zwischen den beiden Schwesterparteien zu betonen. Merz erklärte, dass die vergangenen 75 Jahre bewiesen hätten, dass CDU und CSU gemeinsam sehr viel erreichen können. Seine Worte waren eine deutliche Botschaft sowohl an die Mitglieder der Fraktion als auch an die breite Öffentlichkeit, dass die Union geschlossen und stark ist.
Historischer Rückblick auf die Gründung und Entwicklung der CDU/CSU-Fraktion
Die Gründung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geht auf das Jahr 1949 zurück, als Deutschland noch in den Trümmern des Zweiten Weltkriegs lag und sich im Aufbau einer demokratischen Gesellschaftsordnung befand. Damals schlossen sich die Christlich Demokratische Union (CDU) und die Christlich-Soziale Union (CSU) zu einer gemeinsamen Fraktion im neu gegründeten Deutschen Bundestag zusammen. Dies war ein strategischer Schritt, der beiden Parteien ermöglichte, mit einer Stimme zu sprechen und eine starke bürgerliche, christlich-demokratische Politik im Parlament zu vertreten.
Im Laufe der Jahrzehnte hat die CDU/CSU-Fraktion eine maßgebliche Rolle in der politischen Landschaft der Bundesrepublik Deutschland gespielt. Sie war nicht nur an fast allen Regierungen beteiligt, sondern prägte auch wesentliche Entscheidungen und Richtungswechsel in der deutschen Politik. Dazu zählen die Westbindung Deutschlands, die Wiederbewaffnung und NATO-Mitgliedschaft in den 1950er Jahren, die Ostpolitik der 1970er Jahre, die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 sowie die Europäische Integration und die Wirtschafts- und Finanzpolitik in den letzten Jahrzehnten.
Friedrich Merz' Würdigung der Parteizusammenarbeit
Friedrich Merz, der seit 2021 erneut an der Spitze der CDU steht und seitdem auch die Fraktion führt, würdigte in seiner Rede die aktuelle Zusammenarbeit zwischen CDU und CSU als besonders geschlossen, eng, freundschaftlich und kameradschaftlich – so stark wie selten zuvor in der Geschichte dieser Fraktion. Diese Worte kamen zu einem Zeitpunkt, da die Union vor großen politischen Herausforderungen steht: Nach der Bundestagswahl 2021, in der die CDU/CSU erhebliche Verluste hinnehmen musste, befinden sich beide Parteien in einem Prozess der Erneuerung und Neuausrichtung. Merz betonte, dass dieser Prozess in enger Zusammenarbeit und mit einem klaren gemeinsamen Ziel, nämlich der Rückgewinnung der Regierungsverantwortung, vonstattengehe.
Merz' Aussagen lassen sich auch als Antwort auf frühere Spannungen zwischen den beiden Parteien verstehen. Insbesondere während der Kanzlerschaft von Angela Merkel kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der CDU und ihrem bayerischen Schwesterverband, der CSU, etwa in Fragen der Asyl- und Europapolitik. Doch Merz hob hervor, dass die gegenwärtige Zusammenarbeit von einer selten dagewesenen Einigkeit und Geschlossenheit geprägt sei. Diese Einigkeit sei notwendig, um die drängenden politischen Herausforderungen – von der Wirtschaftspolitik über die Digitalisierung bis hin zu Fragen der inneren Sicherheit und der Außenpolitik – gemeinsam zu bewältigen.
Die Bedeutung der CDU/CSU als Einheit in der deutschen Politik
Die CDU/CSU ist in der deutschen Politik einzigartig: Sie besteht aus zwei eigenständigen Parteien, die jedoch in einer gemeinsamen Bundestagsfraktion agieren und in aller Regel eine gemeinsame Kanzlerkandidatin oder einen Kanzlerkandidaten stellen. Diese besondere Struktur hat sich als stabilisierend und zugleich herausfordernd erwiesen. Auf der einen Seite ermöglicht sie eine starke Vertretung bürgerlicher, konservativer und christlich-sozialer Interessen im Deutschen Bundestag, auf der anderen Seite erfordert sie aber auch eine kontinuierliche Abstimmung und Konsensbildung zwischen den beiden Parteien.
Die CDU, die in allen Bundesländern außer Bayern aktiv ist, und die CSU, die ausschließlich in Bayern agiert, verfolgen oft ähnliche, aber nicht immer identische politische Ziele. Die CSU versteht sich als "bayerische Regionalpartei" und legt traditionell großen Wert auf die Interessen Bayerns. Dieser regionale Fokus führt mitunter zu Spannungen, wenn es um bundespolitische Themen geht, bei denen die Interessen des gesamten Bundesgebiets und die spezifischen Bedürfnisse Bayerns in Einklang gebracht werden müssen. Trotz dieser Unterschiede betonte Merz in seiner Rede, dass die CDU/CSU stets dann besonders erfolgreich war, wenn sie ihre Kräfte gebündelt und geschlossen agiert hat.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven der Union
Die CDU/CSU steht vor einer Reihe von Herausforderungen, die für die Zukunft der Union entscheidend sind. Eine dieser Herausforderungen ist die Rückgewinnung des Vertrauens der Wählerinnen und Wähler. Die Bundestagswahl 2021 brachte für die Union ein historisch schlechtes Ergebnis. Sowohl die CDU als auch die CSU mussten feststellen, dass viele ihrer traditionellen Wählerschichten – von den älteren Wählern über die ländlichen Räume bis hin zur Mitte der Gesellschaft – nicht mehr in dem Maße für sie stimmten wie früher.
Merz und seine Mitstreiter stehen vor der Aufgabe, die Union programmatisch zu erneuern und wieder attraktiver zu machen, besonders für jüngere Wählerinnen und Wähler und für die urbane Bevölkerung. Dabei spielen Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung, Soziale Gerechtigkeit und Außenpolitik eine entscheidende Rolle. Die Union muss es schaffen, hier zukunftsfähige Konzepte zu entwickeln und ihre Positionen klar und überzeugend zu kommunizieren.
Die Rolle von Friedrich Merz und der Fraktionsführung
Friedrich Merz hat sich seit seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden und Fraktionschef als treibende Kraft für die Erneuerung der Union positioniert. Er steht für einen konservativen und wirtschaftsliberalen Kurs, kombiniert mit einer klaren Haltung in Fragen der Inneren Sicherheit und der europäischen Integration. Seine Erfahrung aus früheren politischen Ämtern und seine Karriere in der freien Wirtschaft haben ihm das Profil eines entschlossenen, aber auch pragmatischen Politikers verliehen, der in der Lage ist, verschiedene Strömungen innerhalb der Partei zu integrieren.
Die Betonung der Einigkeit und Geschlossenheit innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion durch Merz ist dabei kein Zufall. In einer Zeit, in der die politische Landschaft in Deutschland fragmentierter und volatiler geworden ist, sieht Merz in der Geschlossenheit der Union eine zentrale Voraussetzung für deren Erfolg. Diese Geschlossenheit ist nicht nur nach innen gerichtet, um eine effektive Arbeit der Fraktion zu gewährleisten, sondern auch nach außen, um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen.
CDU/CSU und die deutsche Gesellschaft: Ein Spiegel der Zeit
Die CDU/CSU ist in den letzten 75 Jahren stets ein Spiegel der deutschen Gesellschaft gewesen. Sie hat sich den gesellschaftlichen und politischen Wandlungen angepasst und gleichzeitig versucht, ihren Kernprinzipien treu zu bleiben. Die Herausforderungen der Gegenwart, sei es die Globalisierung, die Digitalisierung, der demografische Wandel oder die Frage der Integration und Migration, stellen die Union vor die Aufgabe, Lösungen zu finden, die einerseits an ihren traditionellen Werten ausgerichtet sind und andererseits den Anforderungen einer modernen und vielfältigen Gesellschaft gerecht werden.
Friedrich Merz' Betonung der Einigkeit ist in diesem Kontext auch als Appell zu verstehen, nicht nur nach innen geschlossen zu agieren, sondern auch als geschlossene Einheit auf die Herausforderungen der Zukunft zu reagieren. Denn die CDU/CSU kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie in der Lage ist, als breite Volkspartei eine Vielzahl von Interessen und Perspektiven zu vereinen und eine klare, zukunftsgerichtete Politik anzubieten.