Die Beziehungen zwischen der Türkei und dem Westen, insbesondere zu Europa, sind seit geraumer Zeit angespannt. Unter der Führung von Präsident Recep Tayyip Erdogan wird dieser Trend zunehmend deutlicher. Der türkische Präsident hat kürzlich angekündigt, dass die Türkei plant, der BRICS-Gruppe beizutreten – eine internationale Vereinigung von Staaten, die stark von autoritären Regimen geprägt ist. Diese Gruppe, die von Kreml-Diktator Wladimir Putin initiiert wurde, umfasst derzeit Brasilien, China, Indien, Südafrika sowie seit kurzem auch Ägypten, Äthiopien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Erweiterung der BRICS-Gruppe um den Iran in diesem Jahr verstärkt weiter die geopolitische Nähe zur russischen Führung.
Erdogans Annäherung an die BRICS-Staaten
Laut aktuellen Berichten hat die Türkei am Dienstag offiziell ihre Bewerbung um eine Mitgliedschaft in der BRICS-Gruppe eingereicht. Ein Sprecher der AK-Partei von Erdogan bestätigte, dass das Verfahren zur Aufnahme bereits im Gange sei und der Präsident mehrfach seinen Wunsch geäußert habe, der BRICS-Gruppe beizutreten. Die Entscheidung über die Aufnahme der Türkei könnte bereits im Oktober fallen, wie von „Bloomberg“ berichtet.
Die geopolitische Strategie Erdogans
Eren Güvercin, ein Experte für die Türkei, äußerte sich vor der offiziellen Beantragung zur Situation und erklärte, dass Erdogan in der Vergangenheit oft mit dem Gedanken gespielt habe, aber nie konkrete Schritte unternommen habe. Güvercin räumt jedoch ein, dass es durchaus möglich sei, dass Erdogan nun den Schritt zur BRICS-Mitgliedschaft wagen könnte. Er betont, dass Erdogan seit Jahren eine doppelte Strategie verfolgt: Einerseits demonstriert er dem Westen, dass die Türkei geopolitisch unverzichtbar ist, andererseits sucht er immer wieder die Nähe zu autoritären Führern wie Putin und Xi Jinping.
Die Reaktionen im Westen
Die Entscheidung Erdogans, der BRICS-Gruppe beizutreten, wird im Westen mit großer Skepsis betrachtet. Der Beitritt zur BRICS-Gruppe wäre besonders provokant, da die Türkei Mitglied der NATO ist, einem Militärbündnis, das sich gegen Russland positioniert. Die NATO, als westliches Verteidigungsbündnis, steht im Gegensatz zu den geopolitischen Interessen der BRICS-Staaten, die oft anti-westliche Positionen vertreten.
„Bloomberg“ berichtet, dass Ankara zunehmend unzufrieden mit dem schleppenden Fortschritt bei den EU-Beitrittsverhandlungen ist und deshalb alternative Verbündete sucht. Seit fast zwei Jahrzehnten verhandelt die Türkei mit der Europäischen Union über einen möglichen Beitritt, doch diese Verhandlungen sind ins Stocken geraten. Ein wesentlicher Grund für diese Stagnation sind Erdogans Maßnahmen im Inland, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte in der Türkei untergraben.
Erdogans Frustration über die EU
Eren Güvercin weist darauf hin, dass Erdogan die gescheiterten EU-Beitrittsverhandlungen nicht als Folge seiner eigenen politischen Entscheidungen sieht. Vielmehr glaubt Erdogan, dass der Westen aktiv versucht, den Aufstieg der Türkei unter seiner Führung zu verhindern. In dieser Hinsicht weist Güvercin Parallelen zwischen Erdogan und Putin auf, da beide Führer eine ähnlich konfrontative Haltung gegenüber westlichen Institutionen und dem internationalen Ordnungssystem einnehmen.