Die Nullrunde beim Bürgergeld: Ein fataler Fehler von Herrn Heil
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Die Nullrunde beim Bürgergeld: Ein fataler Fehler von Herrn Heil

Die Entscheidung der Bundesregierung, den Regelsatz des Bürgergeldes im kommenden Jahr nicht zu erhöhen, hat für große Empörung gesorgt. Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales und Mitglied der SPD, verteidigt diesen Schritt vehement. Doch diese Nullrunde ist nicht nur ein Armutszeugnis, sondern auch wirtschaftlich äußerst schädlich.

Das Bürgergeld bleibt unverändert – und das soll richtig sein?

Trotz steigender Inflation und wachsender sozialer Ungleichheit bleibt das Bürgergeld im Jahr 2025 weiterhin auf dem bisherigen Niveau von 563 Euro. „Das ist auch richtig so“, erklärte Hubertus Heil in einem Interview mit RTL. Er betonte dabei, dass Menschen in Not zwar unterstützt werden müssten, doch das Bürgergeld das „Existenzminimum“ darstelle – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Diese Aussage wirft jedoch ernsthafte Fragen auf. Ist das Bürgergeld wirklich noch das Existenzminimum? Oder ist es längst unter die Grenze dessen gesunken, was man als das absolute Minimum zum Leben bezeichnen kann?

Existenzminimum verliert an Kaufkraft

Die Realität sieht düster aus: 563 Euro sind nicht mehr das, was man als Existenzminimum bezeichnen kann, sondern sie sind weit darunter gefallen. In den Jahren 2021, 2022 und 2023 stieg der Regelsatz des Bürgergeldes deutlich langsamer als die Inflation. Das hat zu einer erheblichen Entwertung der Kaufkraft geführt. Im Jahr 2021 lag der Kaufkraftverlust bei 160 Euro, 2022 stieg er auf 445 Euro und 2023 auf 407 Euro. Insgesamt ergibt das einen Kaufkraftverlust von 1.012 Euro über diese drei Jahre hinweg.

Selbst die zwölfprozentige Erhöhung des Bürgergeldes in diesem Jahr konnte diesen Verlust nicht kompensieren. Bei einer prognostizierten inflationsspezifischen Rate von 2,8 Prozent bis Ende des Jahres ergibt sich zwar ein minimaler Kaufkraftgewinn von 145 Euro. Doch für diejenigen, die bereits zuvor auf das Bürgergeld angewiesen waren, bleibt die Gesamtrechnung negativ. Sie haben effektiv weniger als das Existenzminimum zur Verfügung. Bereits jetzt ist absehbar, dass die Kaufkraft des Bürgergeldes im Jahr 2025 wieder sinken wird, da die Nullrunde auf eine prognostizierte Inflation von zwei Prozent treffen wird.

Die Sorge um den Lohnabstand ist unbegründet

Eines der Hauptargumente für die Nullrunde beim Bürgergeld ist die Angst vor einem zu geringen Abstand zum Mindestlohn. Doch diese Sorge ist unbegründet. Der Mindestlohn ist seit 2021 deutlich stärker gestiegen als das Bürgergeld und wird auch 2025 wieder um drei Prozent erhöht. Zum Vergleich: Während das Bürgergeld seit 2021 nur um 25 Prozent gestiegen ist, beträgt der Zuwachs beim Mindestlohn 34 Prozent. Die Erhöhung des Mindestlohns sorgt also dafür, dass der Abstand zwischen beiden Einkommensquellen weiterhin besteht und die Arbeit finanziell attraktiver bleibt.

Die Kosten des Bürgergeldes sind nicht explodiert

Ein weiteres Argument gegen eine Erhöhung des Bürgergeldes ist die angeblich steigende Belastung des Bundeshaushalts durch „explodierende Bürgergeld-Kosten“. Doch diese Behauptung hält einer Überprüfung nicht stand. Die Ausgaben für das Bürgergeld, das früher als Hartz IV bekannt war, haben sich im Verhältnis zum Bundeshaushalt und zur Wirtschaftsleistung nicht wesentlich verändert. Eine genauere Betrachtung der Zahlen zeigt, dass die Kosten keineswegs explodieren. Es handelt sich also um ein Argument, das die Faktenlage schlicht ignoriert.

Schärfere Sanktionen und Vermittlungsboni: Ein gefährlicher Irrglaube

Hubertus Heil glaubt offenbar, die lahmende Konjunktur durch schärfere Sanktionen und einen Vermittlungsbonus für Langzeitarbeitslose wieder ankurbeln zu können. Doch das ist ein gefährlicher Irrglaube. Seit Mai 2022 steigen die Arbeitslosenzahlen Monat für Monat. Fast 600.000 neue Arbeitslose gibt es seither. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt mittlerweile wieder über sechs Prozent. Doch diese Zahl ist noch geschönt: Die tatsächliche Unterbeschäftigungsquote beträgt 7,6 Prozent, und dazu kommen noch 233.000 Menschen in Kurzarbeit sowie eine Abnahme der offenen Stellen.

Angesichts einer solchen Wirtschaftslage ist es nahezu unmöglich, Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Unternehmen bauen Stellen ab und neue Jobs entstehen kaum. Die Vorstellung, dass Sanktionen und geringe Anreize wie Vermittlungsboni in einer solch schwierigen wirtschaftlichen Situation Arbeitslose zurück in den Arbeitsmarkt bringen könnten, ist schlicht unrealistisch.

Warum die Nullrunde Gift für die Konjunktur ist

Tatsächlich ist die Nullrunde beim Bürgergeld Gift für die bereits schwächelnde Konjunktur. Menschen mit geringem Einkommen geben jeden Euro, den sie bekommen, sofort für den täglichen Bedarf aus. Eine Erhöhung des Bürgergeldes hätte also unmittelbar den Konsum gesteigert. Gerade dieser lahmt derzeit, weil die Kaufkraft der breiten Bevölkerungsschichten weiterhin niedriger ist als noch 2020. Ein höheres Bürgergeld, eine Erhöhung des Kindergeldes und eine stärkere Anhebung des Mindestlohns wären positive Impulse für den stagnierenden Konsum gewesen. Diese Chance wurde jedoch vertan.

Die SPD und ihre mangelnde Reaktion auf die steigende Arbeitslosigkeit

Eine besonders brisante Frage bleibt jedoch unbeantwortet: Warum schweigt die SPD zu den gestiegenen Arbeitslosenzahlen? Olaf Scholz, der selbsternannte „Respekt-Kanzler“, trat vor kurzem noch mit aufgesetztem Helm vor die Beschäftigten der Meyer Werft, um sich als Retter der Arbeitsplätze zu inszenieren. Doch wo bleibt die „Helm-Ansage“ für die 600.000 neuen Arbeitslosen? Warum hört man von Scholz und Heil kaum etwas zu den steigenden Arbeitslosenzahlen, während gleichzeitig von einem Mangel an Arbeitskräften gesprochen wird?

Es wirkt, als ob die SPD-Führung diese heikle Thematik bewusst vermeidet. Eine ernsthafte Diskussion über die Ursachen und Folgen der steigenden Arbeitslosigkeit würde möglicherweise die Schwächen ihrer eigenen Politik aufdecken. Stattdessen wird die Schuld für die Misere einigen wenigen „Totalverweigerern“ zugeschoben, die sich angeblich nicht um Arbeit bemühen. Diese Darstellung verdeckt jedoch die eigentlichen makroökonomischen Probleme und versperrt den Weg für sinnvolle Lösungen, die auch neue Schulden zur Belebung der Konjunktur in Betracht ziehen könnten.

Die wirtschaftspolitische Debatte ist irrational und festgefahren

All dies zeigt, wie verfahren und irrational die derzeitige wirtschaftspolitische Debatte in Deutschland ist. Die führenden Sozialdemokraten, allen voran Hubertus Heil und Olaf Scholz, lassen sich von neoliberalen Kräften wie Friedrich Merz, Alice Weidel und Christian Lindner in eine Ecke drängen. Anstatt eigene, sozialdemokratische Lösungen für die drängenden Probleme zu präsentieren, passen sie sich den Forderungen der politischen Gegner an. Eine Politik der sozialen Kälte und der Schuldenbremse wird somit weiter zementiert. Das ist ein echtes Armutszeugnis für eine Partei, die einst angetreten ist, um die Interessen der kleinen Leute zu vertreten.