Im Thüringer Landtag spitzt sich die Lage dramatisch zu: Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs wird erwartet, die den weiteren Verlauf im Streit um die Wahl des Landtagspräsidenten maßgeblich beeinflussen könnte. Die CDU hatte während der Sitzung am Donnerstag eine Änderung der Geschäftsordnung beantragt, um die Chancen eines eigenen Kandidaten zu erhöhen, doch der AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler verhinderte dies. Nun liegt es am Gericht, den weiteren Ablauf zu klären.
Die Rolle des Alterspräsidenten
Jürgen Treutler von der AfD wurde Alterspräsident im Thüringer Landtag, weil er der älteste Abgeordnete ist. Seine Position verleiht ihm bei der Landtagssitzung erhebliche Macht, denn er leitet die Sitzung. Am Donnerstag nutzte er diese Stellung, um die von der CDU beantragte Änderung der Geschäftsordnung zu blockieren. Dies führte zu einer Unterbrechung der Sitzung und eskalierte die ohnehin angespannte politische Lage.
Der Antrag der CDU
Ziel der CDU war es, durch eine Änderung der Geschäftsordnung die Regeln für die Kandidatenaufstellung bei der Präsidentenwahl zu ändern. Bisher durfte nur die stärkste Fraktion, in diesem Fall die AfD, einen Kandidaten stellen. Die CDU wollte erreichen, dass auch andere Parteien von Beginn an Kandidaten aufstellen dürfen. Dies hätte die Chancen eines CDU-Kandidaten erheblich verbessert.
Das mögliche Urteil des Verfassungsgerichtshofs
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof steht vor einer schwierigen Entscheidung. Bis Freitagmittag hatten Jürgen Treutler und die AfD die Möglichkeit, Stellung zu den Vorgängen zu nehmen. Am Freitagnachmittag werden die Richter über den Fall beraten. Es gibt mehrere denkbare Szenarien, wie das Urteil ausfallen könnte, und jedes von ihnen hätte weitreichende Konsequenzen für die Wahl am Samstag.
Mögliche Szenarien und ihre Folgen
Szenario 1: CDU gewinnt und stellt den Landtagspräsidenten
Sollte das Gericht der CDU recht geben und bestätigen, dass die Geschäftsordnung vor der Wahl geändert werden darf, könnte auch die CDU einen Kandidaten für die Wahl aufstellen. Der AfD-Kandidatin Wiebke Muhsal würde somit bereits im ersten Wahlgang Konkurrenz gemacht. Da die AfD im Landtag in der Minderheit ist, wäre es wahrscheinlich, dass der CDU-Kandidat Thadäus König schnell gewählt würde.
Szenario 2: Unentschieden und Sieg der CDU in der dritten Runde
In diesem Szenario würde das Gericht die Änderung der Geschäftsordnung erst nach der Präsidentenwahl zulassen, aber gleichzeitig bestätigen, dass im dritten Wahlgang auch andere Parteien Kandidaten aufstellen dürfen. Sollte die AfD-Kandidatin in den ersten beiden Wahlgängen scheitern, könnte CDU-Kandidat König in der dritten Runde gewinnen.
Szenario 3: Sieg der AfD und weiteres Chaos
Falls das Gericht komplett zugunsten der AfD entscheidet, könnte die AfD ihr Vorschlagsrecht beibehalten. Jürgen Treutler als Alterspräsident hätte weiterhin die Kontrolle über den Ablauf der Sitzung. Es wäre denkbar, dass die AfD die Situation nutzt, um das Parlament weiter zu destabilisieren. Dies könnte durch das Vorschlagen eines unerwarteten Kandidaten geschehen, wie es bereits 2020 bei der Wahl des Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich der Fall war.
Szenario 4: Gerichtsurteil gegen die AfD, aber fortgesetzte Blockade
Sollte das Gericht gegen die AfD entscheiden, könnte Treutler dennoch versuchen, die Geschäftsordnung weiter zu blockieren. In diesem Fall könnte eine Abstimmung über seine Ablösung durch den zweitältesten Abgeordneten, Wolfgang Lauerwald, erfolgen. Da Lauerwald jedoch ebenfalls der AfD angehört, könnte er die Blockade fortsetzen. Sollte auch er ablehnen, käme als drittältester Abgeordneter Bodo Ramelow von der Linken ins Spiel.