Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk verkündete in Warschau, dass Polen plane, das Recht auf Asyl »zeitweise« auszusetzen. Dieser drastische Schritt soll Teil der neuen Migrationsstrategie der polnischen Regierung sein. Tusk betonte, dass er die Anerkennung dieser Entscheidung auf europäischer Ebene einfordern werde, ohne jedoch genaue Details über die Umsetzung der Maßnahme preiszugeben.
Hintergrund: Migrationsdruck aus Belarus
Seit Jahren gibt es Spannungen zwischen Polen und seinem östlichen Nachbarn Belarus. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko wird beschuldigt, Migranten gezielt über die polnische Grenze zu schleusen, um politischen Druck auf Polen und die Europäische Union auszuüben. Diese als "hybride Kriegsführung" bezeichnete Strategie wird von Polen als Versuch gewertet, das Land zu destabilisieren und es in eine Migrationskrise zu stürzen.
Ziel: Kontrolle über die Migration
Tusk äußerte sich auf einem Parteitag seiner Bürgerkoalition (KO) deutlich: Polen müsse die vollständige Kontrolle darüber zurückgewinnen, wer in das Land einreise. Er versprach, die illegale Migration auf ein Minimum zu reduzieren. Ein Symbol dieser Bemühungen ist der Grenzzaun, den Polen entlang seiner Grenze zu Belarus errichtet hat. Tusk betonte, dass das aktuelle Vorgehen von Belarus und Russland gegen den Kern des Asylrechts verstoße.
Politische Spannungen innerhalb der EU
Die polnische Regierung steht in Bezug auf ihre Migrationspolitik im Konflikt mit der Europäischen Union. Tusk stellte klar, dass Polen keine europäischen Ideen akzeptieren werde, die die Sicherheit des Landes gefährdeten. Damit spielt er auf den EU-Migrationspakt an, der eine gerechtere Verteilung von Migranten in der Union vorsieht. Polen, gemeinsam mit anderen osteuropäischen Ländern, hat sich jedoch wiederholt gegen eine solche Verteilung gewehrt.
Verschärfung der Migrationspolitik
Die Entscheidung zur temporären Aussetzung des Asylrechts ist nicht der erste Schritt Polens, die Migrationspolitik zu verschärfen. Bereits im Juli 2024 beschloss die Regierung ein neues Gesetz, das den Einsatz von Schusswaffen durch Soldaten an der Grenze erleichtert. Menschenrechtsorganisationen kritisieren diese Entwicklung scharf und werfen der Regierung vor, die harte Linie der Vorgängerregierung der nationalkonservativen PiS fortzuführen oder sogar zu verschärfen. Diese Politik ist jedoch laut Umfragen in der polnischen Bevölkerung durchaus populär.
Visa-Skandal und verschärfte Bestimmungen
Parallel zur Diskussion um die Aussetzung des Asylrechts gibt es in Polen verschärfte Bestimmungen bei der Visa-Vergabe. Diese Maßnahme steht im Zusammenhang mit einem Skandal, bei dem unter der nationalkonservativen PiS-Regierung illegal Einreisegenehmigungen verkauft worden sein sollen. Diese Affäre überschattete bereits den Wahlkampf 2023 und zwang die neue Regierung dazu, die Vergabeverfahren zu reformieren. Der polnische Außenminister Radosław Sikorski kündigte an, dass es keine undurchsichtigen Wege für eine beschleunigte Visa-Erteilung mehr geben werde.