Regierungsviertel: Milliardenprojekt sorgt für Kritik
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Regierungsviertel: Milliardenprojekt sorgt für Kritik

In Berlin wird kräftig gebaut – und das trotz finanzieller Engpässe im Bundeshaushalt. Während im Rest der Hauptstadt gespart wird, investieren die Verantwortlichen im Regierungsviertel über zwei Milliarden Euro in neue Bauten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Erweiterungsbau des Kanzleramts, dessen Kosten inzwischen auf 777 Millionen Euro geschätzt werden.

Der Erweiterungsbau des Kanzleramts

Der geplante Anbau des Kanzleramts umfasst mehrere luxuriöse Einrichtungen wie ein Hubschrauber-Landeplateau, eine Kanzler-Wohnung mit 250 Quadratmetern, einen Sport- und Gymnastikraum sowie eine Mitarbeiter-Kita, die für 15 Kinder ausgelegt ist. Diese Kita alleine kostet 2,8 Millionen Euro. Trotz Kritik hält Bundeskanzler Olaf Scholz an den Plänen fest und begründet sie mit der Notwendigkeit, seine Beamten in einem Gebäude zu vereinen.

Kritik am „Größenwahn“ und Luxusausstattung

Der Bundesrechnungshof hat bereits mehrfach Kritik an den Plänen geübt, unter anderem wegen der neun fünfgeschossigen Wintergärten. Die Kritiker sehen die Projekte als unangemessenen Luxus an, der gerade in Zeiten von vermehrtem Homeoffice und flexiblen Arbeitsmodellen nicht notwendig sei. Finanzminister Christian Lindner hat sämtliche teure Bauvorhaben in seinem eigenen Ministerium gestoppt und äußerte Zweifel an der Notwendigkeit eines so kostspieligen Neubaus.

Renovierungspläne im Schloss Bellevue

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier plant umfangreiche Bauprojekte. Ab 2026 wird der Amtssitz Schloss Bellevue renoviert, wobei aufgrund des Denkmalschutzes, Klimaschutzes und der Sicherheitsanforderungen hohe Kosten befürchtet werden. Die Ausgaben könnten sich auf bis zu eine Milliarde Euro belaufen. Zudem wird für 205 Millionen Euro ein Ausweichquartier für den Bundespräsidenten und 250 Mitarbeiter in der Nähe des Hauptbahnhofs errichtet.

Verteidigungsministerium plant umfangreichen Neubau

Das Verteidigungsministerium unter der Leitung von Boris Pistorius plant einen Erweiterungsbau im Wert von 416 Millionen Euro. Dieser Bau wird mehr Nutzfläche bieten als der gesamte Reichstag. Auch hier sind zusätzliche Nebenkosten für die Erschließung, wie Straßenbau und Anschlussleitungen, noch nicht eingerechnet. Die Bauarbeiten sind für die kommenden Jahre geplant.

Sicherheitsmaßnahmen und Besucherzentrum am Reichstag

Der Reichstag selbst wird ebenfalls einer umfassenden Modernisierung unterzogen. Ab 2025 entstehen ein neues Besucherzentrum, Schutzzäune und ein zehn Meter breiter, 2,50 Meter tiefer Sicherheitsgraben, der als „Aha-Graben“ bezeichnet wird. Diese Maßnahmen sollen rund 193 Millionen Euro kosten. Der Graben wird erst aus nächster Nähe sichtbar und sorgt so für den namensgebenden Überraschungseffekt.

Kritik am Bau-Boom: „Völlig aus der Zeit gefallen“

Der Steuerzahlerbund äußerte deutliche Kritik an den Bauvorhaben. Präsident Reiner Holznagel fordert eine Generalrevision der Projekte. Die Politik müsse ehrlich entscheiden, welche Vorhaben tatsächlich notwendig sind und welche zurückgestellt oder gestrichen werden könnten. Es sei unangemessen, solche Prachtbauten in Zeiten zu planen, in denen die Bürger Angst vor sinkenden Nettolöhnen und Arbeitsplatzverlust hätten.