Der jüngste Wirtschaftsgipfel unter Bundeskanzler Olaf Scholz hat erneut die Spannungen innerhalb der Regierungskoalition offengelegt. Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner waren bei dem Treffen im Kanzleramt nicht anwesend. Dies wirft Fragen zur Zusammenarbeit und der Kohärenz der Ampel-Regierung auf.
Exklusiver Gipfel ohne Minister
Bei dem Treffen im Kanzleramt waren 13 Vertreter aus Industrieverbänden, Gewerkschaften und ausgewählten Großunternehmen anwesend. Laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit sei das für den 15. November geplante nächste Treffen ebenfalls in einem ähnlichen Kreis geplant, ohne die Einbeziehung der beiden Minister. Es könne allenfalls zu einer Erweiterung um „einzelne weitere Unternehmen“ kommen, betonte Hebestreit. Die Regierung fokussiere sich vorerst darauf, auf dieser Basis weiterzuarbeiten, bevor die internen Diskussionen innerhalb der Bundesregierung beginnen.
Doppelte Gipfel ohne Einigkeit
Die separate Abhaltung von Gipfeltreffen zeigt die Uneinigkeit zwischen den Koalitionspartnern. Während Scholz seine Strategie auf die Stärkung der Industrie ausrichtet, verfolgt Habeck eine andere Herangehensweise. Er legte als Reaktion auf die Gipfelpläne ein Impulspapier vor, das einen milliardenschweren Investitionsfonds vorsieht. Diese Idee stieß jedoch auf Widerstand sowohl bei Scholz als auch bei Lindner, da sie eine Finanzierung in dieser Größenordnung nicht unterstützen.
FDP organisiert eigenen Wirtschaftsgipfel
Lindner und die FDP reagierten mit einem eigenen „Gegengipfel“, zu dem Vertreter von Handwerk und Mittelstand eingeladen wurden. Aus Sicht der FDP ist der „Pakt für die Industrie“ zu eng gefasst. Sie will eine umfassendere Unterstützung für alle Wirtschaftsbereiche erreichen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Beschwichtigung durch die Ministerien
Trotz der erkennbaren Differenzen zwischen den Koalitionspartnern bemühte sich das Wirtschaftsministerium, die Situation zu entschärfen. Ein Sprecher Habecks erklärte, dass die Wirtschaftspolitik von der gesamten Bundesregierung verantwortet werde und es grundsätzlich Einigkeit über das Ziel der Stärkung der Wirtschaft gebe. Hebestreit unterstrich zudem, dass es bei den Treffen „nicht um Eitelkeiten“ gehe.
Druck auf Scholz wächst
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert schnelle und konkrete Maßnahmen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Die Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner machte deutlich, dass die Erwartungen an den Kanzler hoch sind. Sie betonte, dass nicht die Anzahl der Treffen, sondern die Ergebnisse im Vordergrund stünden. „Der Bundeskanzler ist jetzt kurzfristig in der Bringschuld“, erklärte sie.
Unzufriedenheit und Kritik aus Bayern
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder warf der Ampelkoalition ein Versagen in der Wirtschaftspolitik vor. Er kritisierte die konkurrierenden Gipfeltreffen und beklagte das Fehlen eines einheitlichen Plans. Söder sieht in der Uneinigkeit der Koalition eine Gefährdung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.