Friedrich Merz: Kanzlerkandidat mit wirtschaftlichen Verflechtungen
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Friedrich Merz: Kanzlerkandidat mit wirtschaftlichen Verflechtungen

Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat der CDU, steht im Fokus wegen seiner jahrelangen Verbindungen zur Wirtschaft und umstrittener Lobbytätigkeiten. Diese Kontakte werfen Fragen zu Interessenkonflikten und seiner Haltung zu Transparenz auf.

Aufstieg zum Kanzlerkandidaten

Bereits im September wurde Friedrich Merz offiziell als Kanzlerkandidat der CDU nominiert. Doch wer ist der Mann, der die besten Chancen hat, das Kanzleramt zu übernehmen? Merz war nicht nur Politiker, sondern auch als Lobbyist und Anwalt aktiv – mit gut bezahlten Nebenverdiensten während seiner frühen Jahre im Bundestag.

Nebenverdienste und mangelnde Transparenz

Schon in den 2000er-Jahren verdiente Merz neben seinem Mandat im Bundestag kräftig hinzu. Seine Nebeneinkünfte, die laut Berichten teilweise eine Viertelmillion Euro pro Jahr erreichten, wollte er jedoch nicht offenlegen. 2006 klagte er gegen die Einführung von Transparenzregelungen für Abgeordnete – ein Versuch, der letztlich scheiterte. Kritiker sehen darin ein bedenkliches Verständnis von politischer Integrität.

Wechsel in die Wirtschaft

Im Jahr 2009 verabschiedete sich Merz aus dem Bundestag und wechselte vollständig in die Privatwirtschaft. Dort nutzte er seine politischen Kontakte, um als Wirtschaftsanwalt und in zahlreichen Aufsichtsräten erfolgreich zu agieren. Besonders auffällig war seine Tätigkeit für die Kanzlei Mayer Brown, wo er bis 2021 Mandate übernahm, die von seinem politischen Netzwerk profitierten.

Interessenkonflikte: Kohle, Banken und mehr

Ein Beispiel für potenzielle Interessenkonflikte war Merz' Rolle als Anwalt für das Kohleunternehmen RAG. Er vertrat das Unternehmen bei einer CDU-internen Sitzung, obwohl er gleichzeitig noch Mitglied der Landesgruppe NRW war. Auch seine Zeit als Aufsichtsrat bei HSBC Trinkaus und Burkhardt von 2010 bis 2019 sorgte für Kritik. Die Bank war in den Cum-Ex-Skandal verwickelt, bei dem dem Staat durch Steuertricks Milliardensummen verloren gingen. Merz streitet ab, davon gewusst zu haben.

Netzwerker in Lobbynetzwerken

Merz war aktives Mitglied in mehreren Lobbynetzwerken. Besonders bekannt ist seine Rolle bei der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die regelmäßig mit kontroversen Kampagnen auftritt. Ebenso war er von 2009 bis 2019 Vorsitzender der Atlantik-Brücke, einem Netzwerk, das transatlantische Beziehungen pflegt und wirtschaftliche Interessen bündelt.

Tätigkeit für BlackRock

Einen Höhepunkt seiner Lobbykarriere markierte seine Tätigkeit für den Finanzriesen BlackRock, bei dem er 2016 als Berater anheuerte. Seine Aufgaben umfassten auch die Pflege von Kontakten zu Regierungen und Behörden. Merz beendete diese Tätigkeit Anfang 2020, kurz bevor er erneut für den Parteivorsitz kandidierte.

Der Wirtschaftsrat der CDU

Merz war zudem lange im Wirtschaftsrat der CDU aktiv, einer Organisation, die der Wirtschaft direkten Zugang zur Partei verschafft. Dort bekleidete er Spitzenpositionen und war regelmäßig als Redner auf Veranstaltungen präsent. Erst auf öffentlichen Druck hin gab er kurz vor seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden diese Positionen auf.

Türöffner für kontroverse Netzwerke?

Merz und der Wirtschaftsrats-Kurs

Friedrich Merz und der CDU-Wirtschaftsrat stehen zunehmend in der Kritik, eine Plattform für Positionen zu bieten, die den Klimaschutz infrage stellen oder dessen Bedeutung herunterspielen. Besonders auffällig: Der Landesverband Rheinland-Pfalz lud Stefan Homburg ein, der durch wissenschaftsfeindliche Aussagen zur Klimakrise und anderen Themen aufgefallen ist. Diese Annäherungen an demokratiefeindliche Kreise sind nicht nur problematisch, sondern werfen Fragen zur Haltung der CDU-Spitze auf.

Kritik an fehlender Distanzierung

Im Gegensatz zu anderen Spitzenpolitikern der CDU hat Merz sich bislang nicht klar von solchen Kontakten distanziert. Dabei ist der Handlungsbedarf offensichtlich: Laut einer Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung betrachten 89 Prozent der CDU-Wählerschaft den Klimaschutz als wichtig oder sehr wichtig. Eine klare Positionierung gegen fossile Interessen wäre daher auch wahlstrategisch sinnvoll.

Merz und die Nähe zur rechtskonservativen Kampagnenagentur

Verbindungen zu The Republic und Heritage Foundation

Auch Merz’ Umgang mit der rechtskonservativen Kampagnenagentur „The Republic“ sorgt für Diskussionen. Diese organisierte vor den US-Wahlen eine Konferenz, an der unter anderem die umstrittene Heritage Foundation beteiligt war. Diese Stiftung geriet zuletzt durch ihr Projekt „Project 2025“ in die Kritik, das antidemokratische Tendenzen aufweist. Besonders brisant: Merz’ Kampagnenchefin Christine Carboni war Teil dieser Veranstaltung.

Schweigen statt Abgrenzung

Im Jahr 2022 hatte Merz noch seine Teilnahme an einer ähnlichen Konferenz abgesagt und damit ein klares Zeichen gesetzt. Doch im Jahr 2024, kurz vor den US-Wahlen, schweigt er zur Teilnahme seiner Kampagnenchefin. Innerhalb der CDU gibt es deswegen Unmut. Ein führender CDU-Funktionär, der anonym bleiben wollte, sprach von der Gefahr, „Türen für Trumpisten“ zu öffnen.

Merz und die Vorwürfe der Lobbytätigkeit

Abstreiten statt Transparenz

Merz behauptet regelmäßig, kein Lobbyist gewesen zu sein. Gegenüber der „Zeit“ erklärte er, dass er nie ein „Lobbymandat“ angenommen habe. Doch seine Tätigkeiten als Anwalt und Aufsichtsrat werfen Fragen auf. Besonders die Position bei Blackrock, wo er für politische Kontakte zuständig war, lässt Zweifel an seinen Aussagen aufkommen. Seine Behauptung, keine politischen Verbindungen genutzt zu haben, widerspricht seiner damaligen Aufgabenbeschreibung.

Fehlende Antworten auf kritische Nachfragen

In einem Podcast-Interview behauptete Merz, nicht zu seinen Lobbytätigkeiten befragt worden zu sein. Dies widerspricht der Realität, denn mehrfach wurde er um Stellungnahmen gebeten, etwa im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für den Wirtschaftsrat. Bisher hat er jedoch auf keine dieser Anfragen reagiert.

Die Rolle von Lobbyismus und fossilen Interessen

Gefahr für die Unabhängigkeit der Politik

Merz’ Nähe zu wirtschaftlichen Interessen und seine frühere Tätigkeit in zahlreichen Aufsichtsräten stellen seine Unabhängigkeit infrage. Eine Regierung sollte jedoch klare Prioritäten für das Gemeinwohl setzen, anstatt rückwärtsgewandte fossile Interessen zu bedienen.

Forderung nach klarer Haltung

Von einem Kanzlerkandidaten wird erwartet, sich den drängenden Fragen der Gesellschaft zu stellen. Ob Merz diesen Erwartungen gerecht werden kann, bleibt abzuwarten. Klar ist: Ohne eine Abgrenzung zu demokratiefeindlichen Netzwerken und eine glaubwürdige Klimaschutzagenda könnte er nicht nur politisches Kapital, sondern auch das Vertrauen vieler Wähler:innen verlieren.