In der Dresdner Innenstadt sorgt ein außergewöhnlicher Denkmalschutz-Auftrag für Aufsehen: Plattenbauten am Neustädter Markt sollen nach ihrer Sanierung wieder so aussehen wie zu Zeiten der DDR. Die Maßnahme geht auf eine Entscheidung des Landesamts für Denkmalpflege Sachsen zurück, das 2021 das gesamte Areal rund um den Neustädter Markt als Kulturdenkmal einstufte. Dabei geht es nicht um die Gebäude selbst, sondern um deren äußeres Erscheinungsbild, das dem historischen Platzbild entsprechen soll.
Plattenbaugeschichte und städtebauliche Entwicklung
Die Plattenbauten am Neustädter Markt wurden zwischen 1977 und 1978 nach dem Typ WBS70/1080 errichtet – im Stil der sozialistischen Städteplanung unter der DDR-Führung von Erich Honecker. Das Viertel war nach der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg in den 1970er Jahren neu gestaltet worden. Das Ziel: eine sozialistische Flaniermeile, eingerahmt von schlichten Wohnbauten und einer repräsentativen Platzgestaltung rund um das Denkmal des „Goldenen Reiters“.
Bestandsschutz für bereits sanierte Gebäude
Plattenbauten, die bereits vor dem Jahr 2021 saniert wurden, sind von den neuen Auflagen nicht betroffen. Für sie gilt Bestandsschutz. Anders sieht es bei Gebäuden aus, deren Sanierung nach der Kulturdenkmal-Erklärung begonnen wurde: Diese müssen sich am historischen DDR-Look orientieren. Das betrifft insbesondere Farbgebung, Fassadenstruktur und Materialien.
Rückkehr der Waschbeton-Optik
Wohnungsunternehmen Vonovia, das die Sanierung der betroffenen 70 Wohnungen verantwortet, steht nun vor der Herausforderung, die äußere Gestaltung den denkmalpflegerischen Anforderungen anzupassen. „Wir gehen davon aus, dass wir den Charme der DDR-Optik des Plattenbaus wiederherstellen sollen“, erklärt Vonovia-Regionalleiter Alexander Wuttke. So soll die Balkonfront in Waschbeton-Optik gestaltet und die dahinterliegende Fassade in einem historischen „ochsenblutroten“ Farbton gestrichen werden. Auch die typische Putzstruktur in Tafelbauweise soll wieder nachgebildet werden – trotz moderner Dämmung mit Mineralwolle.
Neue Materialien, altes Aussehen
Aus statischen Gründen sollen die ursprünglichen schweren Betonplatten der Balkone durch leichtere Materialien ersetzt werden. Optisch müssen diese jedoch dem DDR-Original entsprechen. Das endgültige Gestaltungskonzept ist noch nicht abgeschlossen, die Abstimmungen mit der Denkmalpflege laufen weiterhin.
Mieten und Modernisierungskosten
Die Mieten sollen trotz aufwendiger Sanierung im bezahlbaren Rahmen bleiben. Aktuell liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis in der Lage am Goldenen Reiter bei 5,02 Euro kalt. Nach der Sanierung ist eine Erhöhung um maximal 2 Euro vorgesehen. Die 70 modernisierten Wohnungen – zwischen 64 und 77 Quadratmeter groß – sind vor allem für Familien gedacht. Die Gesamtkosten der Sanierung belaufen sich auf über fünf Millionen Euro, die Fertigstellung ist für Herbst 2026 geplant.
Baustopp wegen Artenschutz
Derzeit ruhen die Bauarbeiten allerdings aufgrund von Artenschutzmaßnahmen. Bei einer Umweltprüfung wurden 40 Singvogel- sowie rund 100 Fledermaus-Brutplätze entdeckt. Diese sollen künftig durch spezielle Nistkästen ersetzt werden. Dieser ökologische Aspekt ist eine der wenigen modernen Anpassungen, die nicht dem historischen DDR-Vorbild entsprechen werden.